Die CDU erarbeitet ein neues Grundsatzprogramm. Dabei spielt Andreas Rödder eine wichtige Rolle, der als Scharnierfigur zum intellektuellen Rechtsextremismus und als eine der Schlüsselfiguren hinter den Kulissen der Neuen Rechten gilt. Und keiner merkt´s. Ich schrieb einen Brief an mehrere Ortsverbände, um sie auf dieses Desaster hinzuweisen. Wesentliche Anteile stammen von der kritischen Online-Plattform “Das siebte Flugblatt”.
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Basisdemokrat, Antifaschist und libertär denkender Mensch bin ich zwar parteipolitisch unabhängig, beobachte aber dennoch Prozesse und Entwicklungen in der deutschen Parteilandschaft durch Lektüre, eigene Recherchen, sowie mittels Veröffentlichungen u.a. auf querzeit.org sehr genau. Eine Vielfalt in der Parteienlandschaft ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, allerdings stößt die Entwicklung einer Partei meines Erachtens dann an ihre Grenzen, wenn sie demokratische Strukturen verlässt, einer offenen Gesellschaft den Boden entzieht und damit in ein rechtsnationalistisches Lager driftet. Das hatten wir alles schon und brauchen es nie wieder. Doch was ist, wenn es keiner, nicht mal in den eigenen Reihen merkt?
Auch wenn ich mich in der Politik der CDU keinesfalls wiederfinde, so kenne ich doch viele Personen in meinem Umfeld, die diese Partei wählen oder sich parteipolitisch engagieren. Es sind in der Regel Menschen, die sehr konservativ denken und an vermeintlichen Werten festhalten. Trotzdem würde ich diese Personen nicht als rechtsnational oder faschistisch bezeichnen. Doch wie geht man als Wähler oder gar Politiker einer Partei damit um, wenn sich auf höherer Ebene Tendenzen anbahnen, die das – ich nenne es mal – klassische konservative Lager verlassen und danach schielen, der AfD die Show zu stehlen? Die AfD ist eine nationalfaschistische Partei und das tatsächliche, zumeist aber nicht offen thematisierte Endziel von autoritativen/faschistischen Strukturen ist immer Gleichschaltung, Unterdrückung der Meinungsfreiheit und Agieren mit Angst durch Bedrohung von Andersartigkeit. Die Menschen, die solche Systeme wählen/unterstützen/gutheißen, vergessen oft, was es im Endeffekt bedeutet: Die Freiheit der Meinungsäußerung, der Sexualität, des Geschlechts oder der Kultur werden aggressiv unterdrückt. Vielfalt bedeutet für Rechtsnationalisten eine Bedrohung der eigenen gedanklichen Begrenztheit.
Nun erarbeitet die CDU Deutschland unter Friedrich Merz ein neues Grundsatzprogramm, was begrüßenswert ist, da so neue Erkenntnisse in die künftige Arbeit einfließen (könnten). Vorsitzender der Fachkommission Wertefundament und Grundlagen und damit Hauptbeauftragter ist ausgerechnet Andreas Rödder, der als Scharnierfigur zum intellektuellen Rechtsextremismus und als eine der Schlüsselfiguren hinter den Kulissen der Neuen Rechten gilt. Folgende Zuordnungen lassen sich zur Person Rödder auflisten (eine Auswahl!):
- Er ist Mitgründer des „Netzwerks Wissenschaftsfreiheit“, das sich z.B. gegen politische Korrektheit ausspricht und mit radikalen, faschistoiden Kampagnen glänzt. Das radikal rechte und bis in den verfassungsfeindlichen Rechtsextremismus hineinreichende Netzwerk versucht in Deutschland Universitäten von rechts zu unterwandern und rechte Narrative zur Diskursverschiebung in Kampagnenform an die Öffentlichkeit zu bringen. Rödder ist bis heute Mitglied. Aus einer pluralistischen, multi-ethnischen Gesellschaft macht Rödder ein Schreckgespenst. (Ist das die tatsächliche Meinung der CDU? Sollte eine demokratische Partei nicht klare Grenzen zu Personen ziehen, die durch rechtsnationalistische Tendenzen auffallen?)
- Rödder stellte sich klar hinter Hans-Georg Maaßen. Seiner Meinung nach gehört Maaßen zur Union und sie sollte ihn und seinen Positionen integrieren. Zur Erinnerung: Maaßen fiel durch rechtskonservative Agitationen auf und arbeitete u.a. mit der AfD eng zusammen. (siehe oben)
- Auf der 5. Vollversammlung der zwielichtigen „Wahren Schwarmintelligenz“ vertrat Rödder die Ansicht, dass „Moralisierung Gift für die demokratische Auseinandersetzung“ ist und sprach sich mehrfach gegen eine Regenbogen-Mentalität in Deutschland aus. Er sieht darin sogar eine Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung! (Gehört die Moral nicht eigentlich zu einer christlichen Einstellung, die die Partei sogar im Namen führt?)
- Rödder ist Vorstandsmitglied der rechtspopulistischen „Denkfabrik 21“, die eine Tendenz von der bürgerlichen Mitte weiter nach rechts anstrebt. Ulrike Ackermann, ebenfalls Mitglied, sieht den Sozialstaat als die schlimmste Ausprägung von „Vater Staat“, was Rödder unterstützt. (Ist der soziale Gedanke nicht ein wichtiger Part einer religiös ausgerichteten Partei?)
- Rödder spricht gerne von einem Kulturkampf der Linken, weshalb er auch von dem PEGIDAnahen Verein deutsche Sprache (VDS) vielfach zitiert wird. Mit diesem „Kampf“ der Linken, so seine Argumentation, solle eine höchstmögliche Freiheit und Mitbestimmung der Bürger erreicht werden. Genau das möchte Rödder unterbinden! (Sind Freiheit und Mitbestimmung, sowie Gleichheit und Gleichberechtigung nicht Grundpfeiler demokratischen Denkens, was ja im Namen der Partei verankert ist?)
- Andreas Rödder pflegt auch Verbindungen zur neurechten „Bibliothek des Konservatismus (BDK)“, die als rechtsradikal eingestuft wird, und hält dort Vorträge (siehe Wikipedia). Sozial- und Politikwissenschaftler ordnen die BdK einem Netzwerk der Neuen Rechten zu. Laut dem Rechtsextremismusforscher Matthias Quent dient die BdK wie das Institut für Staatspolitik als Treffpunkt, um gezielt Personen für „parlamentarische und außerparlamentarische Positionen im Rechtsradikalismus aufzubauen.“ (Ist nicht auch die CDU in der Nachkriegszeit damit angetreten, dem Nationalsozialismus und seinen Bestrebungen die Stirn zu bieten?)
Die Informationen stammen z.T. von dem Online-Netzwerk „Das Siebte Flugblatt“ (hier auch Übernahme von wörtlichen Passagen, was mit der Redaktion abgesprochen wurde), sowie aus Quellen wie Die ZEIT, TAZ, Fokus, Wikipedia etc.
Der Journalist und Parteiforscher Thomas Wieczorek und der Politologe Anthony Downs fanden für das, was gestern wie heute in fast allen Parteien vorgeht, sehr passende Worte:
„Die Parteien in der demokratischen Politik sind den Unternehmen in einer auf Gewinn abgestellten Wirtschaft ähnlich. Um ihre privaten Ziele zu erreichen, treten sie mit jenen politischen Programmen hervor, von denen sie sich den größten Gewinn an Stimmen versprechen, so wie die Unternehmer … diejenigen Waren produzieren, von denen sie sich den meisten Gewinn versprechen.“
Was für ein armseliges Bild einer Demokratie: Anstatt an einer Sache gemeinsam zu arbeiten, wird profiliert, gegengesteuert und schlechtgeredet, um Wähler zu erhaschen.
Es mag sein, dass jede Partei Leute in ihren Reihen „toleriert“, die sich eigentlich in grenzwertigen Fahrwassern bewegen, aber eine solche Toleranzgrenze ist erreicht, wenn zwielichtige Gestalten wie Rödder sogar ein Parteiprogramm aufmischen. Meines Erachtens ist diese Toleranzgrenze bei der CDU schon lange erreicht. Für mich wäre als Parteimitglied der Christdemokraten Rödder ein Grund, die Partei zu verlassen oder aber wenigstens einen dringlichen, unmissverständlichen Brandbrief an Merz bzw. den Vorstand zu schicken.
Es mag gut sein, dass die von mir aufgeführten Aspekte für Sie unbedenklich erscheinen, was ich fast vermute. Aber gleichzeitig erscheint es mir wichtig, dass Sie wissen, dass Prozesse kritisch beobachtet werden. Sie müssen nicht zwingend auf mein Schreiben antworten, da ich schon mit der nächsten demokratischen Baustelle beschäftigt bin, es würde mich aber freuen, wenn Sie sich damit auseinandersetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Arnold Illhardt