Sämtliche Wunder warten auf mich
Auszeit in München

Marienplatz München (Foto A. Illhardt)
Marienplatz München (Foto A. Illhardt)

Unsere Träume, unsere Sehnsüchte und bunten Hoffnungen wollen ernst und wichtig genommen werden. Wer sie verdrängt, unterdrückt das Beste in sich und wird ein hohler Mensch.“ (Hans Kruppa)

 Meine Träume und meine Sehnsüchte von einem anderen Leben als ich es bisher kannte und auch lebte, brachten mich vor vielen Jahren nach München. Ich war noch keine 22 Jahre, stand wie selbstverständlich damals auf dem Marienplatz und forderte: Welt, hier bin ich, zeig mir das Schöne dieser Welt und zwar alles und das bitteschön sofort!

 

Das hochnäsige Fohlen fühlte sich als Dame von Welt, was bitte anderes sollte ich sein, schließlich lebte ich in der Weltstadt München! Ich habe diese Zeit als so „WunderVoll“ und spannend in Erinnerung, dass mich dieses berauschende Gefühl von „Sämtliche Wunder warten auf mich“ immer wieder einholt, sobald ich die Rolltreppe der U-Bahn verlasse, hochschaue und ich der geliebten Ansicht des Marienplatzes gewahr werde!

 

Antiquariat München (Foto A. Illhardt)
Antiquariat München (Foto A. Illhardt)

Wenn ich in München bin, wiederhole ich immer das gleiche Ritual: am ersten Tag zieht es mich unwiderstehlich auf den Marienplatz. Eine Rundumsicht, aha, es ist alles noch am gleichen Platz, es erwartet mich keine traurige Veränderung. Meistens umrunden wir von links das Rathaus. Hier befindet sich schon seit Jahren unser erstes Highlight. Den herrlichen kleinen Buchladen, in unserer Phantasie ähnelt er dem Antiquariat aus einem Zafón-Roman, kenne ich schon aus meinen Anfangsjahren in München. Darüber ist im ersten Stock der schönste Leseraum in ganz München, eine kleine Stube mit einem halbrunden großen Fenster. Besondere anspruchsvolle Literatur und wunderbare Bildbände halten uns hier immer eine ganze Weile fest, unsere Finger wandern von einem Buch zum anderen. Immer wieder stehen wir hingerissen vor einem Buch, welches wir schon lange gesucht haben oder weil es eine ganz besondere Ausgabe ist. Am liebsten würde ich sie alle gleich mitnehmen. Dieser Buchladen ist ein Kleinod im „Hugendubel“-beherrschten München.

Am Ende dieser Längsseite des Rathauses stehen wir am Rande des Marienhofes. Gerade aus weitergehen oder abbiegen Richtung Dienerstraße? Wir entscheiden uns für gerade aus und lassen uns wieder verlocken von der Einkaufspassage „Fünf Höfe“, es könnte sich ja was zum Positiven verändert haben. Ein Blick und wir verlassen wie immer desillusioniert diese kühle kapitalismusgeschwängerte Umgebung fluchtartig. Das ist nicht mein München. Ja, ich weiß, nirgendwo sind die Gegensätze Arm und Reich so deutlich zu sehen wie in dieser Ecke Münchens.

Den nächsten Platz meiner persönlichen Erinnerungstour beabsichtige ich aus o.g. Gründen dieses Mal auszulassen, jedoch der Duft nach frisch gemahlenem Kaffee zieht mich magisch an. Da ist er, mein himmlischer Dallmayr! Als ich das erste Mal hier stand, in 1982, dachte ich, das träume ich jetzt nur. Den Dallmayr kannte ich nur als Werbung aus dem Fernsehen, der alte Herr, der aus der Schwingtür kommt und das alte Firmenschild wienert und die adretten Damen in ihrer Dallmayr-Uniform, die frisch gemahlenen duftenden Kaffee in Tüten rieseln lassen, gab es wirklich. Ich dachte, das wäre alles nur gut gemachte Fernsehwerbung. Aber schon seit 1700 existiert hier der Hoflieferant Aloys Dallmayr. Verstehen Sie, ich fühlte mich wie ein Kind im Weihnachtsparadies. Der Dallmayr ist und bleibt aber eine Schickimicki-Oase. Es sind immer sehr viele Kunden hier, aber wenn man genau hinsieht, fallen einem schon die Unterschiede auf, man erkennt wer hier regelmäßig kauft oder nur seine Andenken für die Verwandtschaft daheim erwirbt. Im Feinschmeckerabteil dagegen findet man die Touristen nur als Stauner ehrfürchtig oder neidisch an den Auslagen vorbeischleichen.

 

Viktualienmarkt München (Foto A. Illhardt)
Viktualienmarkt München (Foto A. Illhardt)

Und dann steuern wir den Viktualienmarkt an. Hier fühle ich mich zuhause, ich hatte direkt zwei Straßen um die Ecke in einer kleinen Firma gearbeitet und meine Mittagspausen an diesem trubeligen Platz verbracht. Auf dem Viktualienmarkt gibt es das beste Brot in München, das schönste Obst und Gemüse, die prachtvollsten Blumen, erlesenste Delikatessen, intensiv duftende Käsesorten, die leckersten Imbisse, alle möglichen Fischsorten und und und. Hier kann man fantastisch pausieren, das erste Bier des Tages trinken und den Herrgott als Bayern preisen! Hier ist München echt und ein liebenswertes Dorf!

 

Cafe Fräulein München (Foto A. Illhardt)
Cafe Fräulein München (Foto A. Illhardt)

In einer Seitenstraße des Marktes stehen wir vor einem entzückenden Café, das vor ein paar Jahren noch nicht existierte, das „Café Fräulein“. Wir sind Cafè-Liebhaber und dieses Café wurde sofort in unserer Sammlung der schönsten Cafés aufgenommen. Siehe auch auf unserer Homepage „Cafés mit eigenSinn“.

 

St. Peter München (Foto A. Illhardt)
St. Peter München (Foto A. Illhardt)

Der letzte Besuch gilt St. Peter, der ältesten Pfarrkirche Münchens, mit ihrem 91 m hohen Turm, den die Münchner liebevoll „Alter Peter“ nennen. Sehen Sie ganz genau hin: Der Turm weist eine Kuriosität auf, er hat acht Uhren! Der Humorist Karl Valentin meinte dazu: Grund sei, dass halt acht Leute gleichzeitig auf die Uhr schauen können. Kommen Sie doch einmal vorbei, Sankt Peter ist eine Wohltat nach dem Trubel, der draußen herrscht. Wunderschön rekonstruiert nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg beherbergt Sankt Peter eine Vielzahl an edlen Kunstwerken.

 

Arnold und Marion München (Foto A. Illhardt)
Arnold und Marion München (Foto A. Illhardt)

Eines der beeindruckendsten Museen, in dem ich bisher war, ist das Haus der Kunst in München. Von außen eher einschüchternd fast schon furchteinflößend, wurde es zu Zeiten des Nationalsozialismus gebaut und von Goebbels 1937 eröffnet. Es muss wohl so sein, aber das ist nur meine Meinung, dass die stattfindenden Ausstellungen dem Äußeren angepasst sind. Bisher sah ich hier keine 08/15 Ausstellung, was zu sehen ist bzw. war, ist voluminös, großartig. Sowohl in der Größe als auch in ihrer Aussagekraft. Ich erinnere mich gerne an das monumentale Werk „Svayambh“ von Anish Kapoor in 2007 und jetzt die überaus beeindruckende nachdenklich machende Ausstellung von Louise Bourgeois. Strukturen des Daseins: Die Zellen. Man geht nicht durch dieses Museum ohne zu hinterfragen. Es ist nicht gemacht, für ein bisschen Kunst schauen, nein, es geht ums Ergründen, Suchen und das Aufspüren von Absichten und Befindlichkeiten. Im hinteren Bereich des Museums befindet sich übrigens ein schönes außergewöhnliches Restaurant, die „Goldene Bar“.

 

Eisbach München (Foto A. Illhardt)
Eisbach München (Foto A. Illhardt)

Direkt hinter dem Museum kommt man in den Englischen Garten, das Gebäude des Museums bildet die südliche Grenze der grünen Lunge Münchens. Ab hier fließt auch der Eisbach durch das Gelände. Sobald es etwas wärmer wird, kann man eine weitere Kuriosität Münchens beobachten: die Eisbachsurfer, die sich mutig in die tatsächlich eisigen Fluten stürzen. Kurz hinter der Eisbachbrücke befindet sich eine Staustufe, die eine immerwährende Welle bildet. Mit Neoprenanzug gekleidet, springen junge Männer und auch Frauen auf ihre Surfbretter und versuchen von einer Seite zur anderen des Wildbaches zu gelangen, beobachtet von vielen Schaulustigen, die auch besonders gelungene Überquerungen mit Applaus belohnen.

 

Cafe Marais München (Foto A. Illhardt)
Cafe Marais München (Foto A. Illhardt)

Immer auf der Suche nach alternativen Szenestadtteilen, egal in welcher Stadt wir sind, stießen wir im Internet auf das „Westend“, an der Schwanthalerhöhe. Ein gemütliches, sehr kreatives und alternatives Viertel ist hier entstanden. Es hat uns richtig gut gefallen, vor allem das Café „Marais“. Dieses Café ist wirklich etwas Besonderes! Liebe Leserin, ich weiß nicht, wie alt Sie sind, aber wenn Sie so in den 60er Jahren geboren sind, müssten Sie sich eigentlich noch an die alten Kurzwarenläden erinnern. Oder Sie, lieber Leser, an die alten Eisenwarenhändler? Beide hatten ihre Besonderheit, da gab es nämlich die riesigen Schränke mit unzähligen kleinen Schubladen, Ladentische mit Glasplatten, man konnte so in die oberste Schublade hineinschauen. Bei den Kurzwarenläden lagen dort zum Beispiel Spitzenkragen oder kleine Deckchen für die Kaffeetafel. Jetzt kann man da im „Marais“ in jeder Schublade kleine gebrauchte Dinge erwerben. Von Glanzbildern über wunderschöne Haarspangen, kleine alte Blechdosen oder die gebrauchten Damenhandtaschen von der Oma. Übrigens sind das übrige Mobiliar, die Tische und Stühle, auch gebraucht und kunterbunt zusammengestellt. Und wem der Stuhl oder Tisch sehr gut gefällt, der kann ihn gleich mitnehmen, es ist alles zu erwerben. Das „Marais“ finden Sie nun auch auf unserer Seite „Cafés mit eigenSinn“.

 

Alter Nördlicher Friedhof München (Foto A. Illhardt)
Alter Nördlicher Friedhof München (Foto A. Illhardt)

Früher war ich nicht sehr oft in Schwabing. Wahrscheinlich habe ich die Stimmung hier nicht gespürt und die Aussage nicht bemerkt. Oder war damals hier alles anders? Schwabing ist lebendig, quirlig und jung. Interessante Läden liegen versteckt in Hinterhöfen, bunte Cafe´s locken mit ihrer Andersartigkeit und kleine gemütliche Restaurants wechseln sich mit netten Bioläden ab. Auf dem Weg von der U-Bahn Station „Giselastraße“ zur Pinakothek der Moderne durchstreifen wir auch den „Alten nördlichen Friedhof“, ein Ort der Ruhe im ruhelosen Viertel. Wir treffen spielende Kinder, junge Frauen, die ihre Joggingrunden drehen und alte Damen, die sich hier zum Schwätzchen treffen. Eine Decke liegt ausgebreitet zwischen den alten Grabsteinen und ein Pärchen unterhält sich angeregt, man sieht sie von weitem lachen. Meinem Mann hat dieser Ort so gut gefallen, dass er ein Gedicht verfasst hat: „Frühling auf dem alten Nordfriedhof München“ (www.farasan-telgte.de).

 

Kuppel Pinakothek München (Foto A. Illhardt)
Kuppel Pinakothek München (Foto A. Illhardt)

Die Pinakothek der Moderne besticht durch ihre außergewöhnliche Architektur.

„Ausgangspunkt für alle Rundgänge bildet die große Rotunde mit ihrer imposanten, 25 Meter hohen Glaskuppel. Wie auf einer italienischen Piazza können die Besucher hier flanieren und beim Wechsel von einem Ausstellungsbereich zum anderen die Gedanken schweifen lassen, Gesehenes besprechen und Atem holen, um erneut in die Tiefen dieser faszinierenden Welt einzutauchen.“ Entnommen aus der Website Pinakothek der Moderne – Über die Architektur des Gebäudes.

Die Ausstellung diesmal hat uns nicht so sehr überzeugt wie vor ein paar Jahren. Aber das ist nun mal so bei wechselnden Ausstellungen und das Thema interessierte uns auch nur am Rande, aber das Museum gehört zum Programm.

Auch am vierten Tag haben wir einen Schatz gehoben: Direkt in Giesing, gar nicht weit entfernt von unserer Wohnung, ist in einer kleinen Seitenstraße der Tegernseer Landstraße das hübsche Café „Sonnenschein“ mit leckerem selbstgebackenen Kuchen und richtig gutem Kaffee. Auch dieses finden Sie bei „Cafés mit eigenSinn“.

 

Starnberger See (Foto A. Illhardt)
Starnberger See (Foto A. Illhardt)

Es ist ein wundervoller Tag, man spürt die Kraft der Sonne und wir fahren durch eine wunderschöne Gegend. Friedvoll liegt der Starnberger See in der Morgensonne, ein leichter Nebel liegt über dem Wasserspiegel und verleiht ihm eine geradezu ätherische Eleganz. Nichts bewegt das Wasser, es erinnert an eine weite Eisfläche. Man möchte meinen, wir wären hier die einzigen Menschen.

 

Buchheim-Museum, Starnberger See (Foto A. Illhardt)
Buchheim-Museum, Starnberger See (Foto A. Illhardt)

Wir sind auf dem Weg zum Buchheim-Museum der Fantasie. Es ist ein moderner sehr beeindruckender Bau mit einer besonders schönen Ausstellung von Expressionisten und natürlich den Werken von Lothar Buchheim, dem Autor des Kriegsromans „Das Boot“. Zusammen mit dem dazugehörigen Park bildet das Museum, das direkt am Ufer des Sees liegt, ein sehr harmonisches Ensemble. Zurück fahren wir an der Ostseite des Sees hoch nach München. Auch die Landschaft östlich des Sees ist herrlich. Es tat mir recht leid wieder zurück zu fahren. Es war ein traumschöner Ausflug.

Wir kommen wieder, irgendwann siegt die Sehnsucht nach München!

Resümee: Was nun ist das Besondere an München? Was ist es, was mich immer wieder hierherzieht? Da sind zum einen die Plätze, die ich oben genannt habe, dazu kommen noch die Residenz, Schloss Nymphenburg und noch eine Vielzahl beeindruckender Museen, z.B. das Deutsche Museum oder die Alte und Neue Pinakothek. Die Isar, die durch die Stadt fließt, an deren Ufer man sich im Sommer gerne aufhält oder der Englische Garten, der im Hochsommer zu einer riesigen Liegefläche wird.

Für eine bekannte Schauspielerin kommt München der idealen Stadt sehr nahe. „Die Nähe zu wundervoller, unberührter Natur und das unglaublich facettenreiche kulturelle Angebot – das ist eine sehr gute, nahezu ideale Mischung.“

München ist eine grüne, liebenswerte, multikulturelle und junge Stadt. Eines Abends saßen wir in einem Restaurant direkt neben einem Stammtisch mit einer kunterbunten Gruppe von lachenden schwatzenden und gut gelaunten Menschen. Wir wunderten uns über diese sehr unterschiedliche Gruppe, erfreuten uns aber an ihren Scherzen und Gesprächen. Später am Abend sprach uns jemand aus der Gruppe an und wir hatten Gelegenheit unsere Frage loszuwerden, was dies denn für eine Gruppe sei. Der nette Herr klärte uns auf: es war eine Gruppe von ca. 30 Personen, verschiedenen Alters, verschiedener Nationalität und auch Religion, Männer und Frauen. Alle hatten etwas gemeinsam, sie waren neu in München, arbeiteten hier und lernten gerade Deutsch. Kennengelernt hat man sich im Internet, persönlich kannte sich keiner. Wir dachten: ja, so soll es sein! Wir waren alle Menschen einer Stadt!

 

Die gesamte Bildergalerie des München Besuches (Fotos: Arnold Illhardt):