Telgte. Der Weihnachtsmann bringt Süßigkeiten für die Guten und Burger King Arbeitsplätze und Geld fürs Stadtsäckel! Gedanken über ein ökologisches, ökonomisches und ernährungstechnisches Desaster in einer Fairtrade-Stadt.
Die öffentliche Diskussion um die Entstehung eines Burger Kings in Telgte zeigt beispielhaft, mit welcher Scheiß-Egal-Haltung und Einfältigkeit heute (wie gestern) die Gesellschaft auf etwas reagiert, was im Grunde ökonomisch, ökologisch und ernährungstechnisch ein absoluter Supergau ist. Wird irgendwo ein Schwachsinn entwickelt oder eingeführt, gibt es immer genügend Menschen, die genau diesen Schwachsinn kritiklos, unreflektiert und ohne Widerstand (wenn es still wird, hört man die Schafherde blöken) akzeptieren. Man hält es für gängige Jetztzeitnormalität. Und so gedeiht der Schwachsinn prächtig, weil es ihn ja woanders auch gibt und weil es dort auch funktioniert. Somit ist das Phänomen nicht neu. Wenn man sich über alles Gedanken machen würde, kann man sich gleich den Strick nehmen, so das Schmalspurdenkergesülze der ignoranten Gesellschaft schon zu meiner Zeit.
Einen Burger King in Telgte, das finden natürlich die jungen Leute toll. Endlich muss man nicht mehr weit fahren, um den geschmacksneutralen, ernährungstechnisch äußerst bedenklichen und zum Teil unter hanebüchenen hygienischen Zuständen (siehe verdeckte Recherchen von Günter Wallraff) zubereiteten Fleischfraß goutieren zu können. Zudem steht unserem Nachwuchs endlich ein adäquater Freizeitort zur Verfügung, wo man die erschöpfte Seele baumeln lassen und Abstand von dem nervigen Erwachsenenestablishment nehmen kann.
Die Befürworter sehen in einer solchen Fastfood-Kette einen touristischen und ökonomischen Mehrwert für Telgte. So las man in der hiesigen Presse: „Eine gute Möglichkeit potenziellen Telgtern unsere schöne Emsstadt zu zeigen.“ Solche Menschen glauben wahrhaft noch an das Gute im Burger-Konsumenten. Sicherlich wird das Interesse nach dem Genuss eines Double Whopper mit Analog-Käse an einer Besichtigung des Religios oder einem Besuch in der Gnadenkapelle sehr ausgeprägt sein. Letzteres wäre aber sicherlich notwendig, um wenigstens etwas Ablass für in einem solchen Fresstempel getätigten Esssünden zu bekommen. So bekommt der Wallfahrtsort eine ganz neue Bestimmung! Denn das Fleisch wurde selbstredend nicht beim Biobauern, der sein Vieh noch mit klassischer Musik verwöhnt, großgezogen, sondern in Großmastanlagen billig produziert und unter tierunwürdigen Bedingungen perversmöglichst geschlachtet. Auch darüber regt sich ja kaum jemand auf. Normaler Schwachsinn halt! Was die mit Burger King & Co. einhergehende Vermüllung der Umgebung anbetrifft, so kann man für Telgte getrost unbesorgt sein, denn die Whopperfresser werden ihre Pappschachteln und –becher vermutlich erst in Ostbevern oder Handorf aus dem Autofenster werfen. Was kümmert uns deren Müll!?
Das schönste Pro-Argument zum Thema Burger King in Telgte scheint mir aber zu sein, dass man damit Arbeitsplätze verbindet. Burger King und McDonalds sind kapitalistische Entgleisungen allererster Güte. Die Mitarbeiter dort werden nicht angestellt, sondern gehalten – eben wie Mastvieh. So werden immer wieder massive Verfehlungen bei der Einhaltung zwingender arbeitsrechtlicher Vorschriften gegenüber den Mitarbeitern beschrieben. Dumpinglöhne für die hochgradig anstrengende Arbeit sind an der Tagesordnung und die Möglichkeit, sich gewerkschaftlich abzusichern, ist dort wie bei so vielen Betrieben dieser Ausrichtung nicht gern gesehen oder ist gar ein Grund, sich vom Angestellten – wie auch immer – zu trennen. Das hindert die Telgter Grünen nicht daran, das kapitalistische Paradigma von Nachfrage und Angebot unreflektiert nachzuplappern: „Wirtschaftlich bringt der Burger King sicherlich auch einiges für Telgte. Es werden Arbeitsplätze geschaffen, und Vorbeifahrende lassen ihr Geld in Telgte, statt in Warendorf oder Münster, was wiederum die Gewerbesteuer steigen lassen könnte (Marian Husmann im Pöggsken, 6-2015).”
Telgte hat absolut gutsortierte, leckere und sehr freundliche Kleinbetriebe, in denen man vom Hamburger bis zur Pizza alles für kleines Geld bekommt. Und das obendrein auf richtigen Tellern und in richtigen Gläsern. (Die Herkunft des Fleisches ist sicherlich auch hier bedenklich!) Nun kommen die Betriebswirte wieder mit ihrem unkaputtbaren Märchen, Wettbewerb belebe das Geschäft. Nein, das hat nichts mit Wettbewerb zu tun, sondern hier geht es wie überall in der Wirtschaft um Monopolstellungen. Ein Burger King stinkt in jeder Hinsicht zum Himmel. Außerdem stelle ich mir die Frage: Was hat so ein Betrieb in einer Fairtrade-Stadt zu suchen?