19. Holperdorper Hofausstellung
Landidylle, Kunst und die Leichtigkeit des Seins

Lienen/Holperdorp. Bei schönstem Kunstguckerwetter gestaltete sich der Besuch der 19. Holperdorper Hofausstellung als reinste Lustwandelei für die Sinne.  Das Spektrum der hier dargebotenen Kunst reichte von Grafik, Fotografie über raumbezogene Installationen und Papierarbeiten bis hin zu Stein-, Glas- und Keramikwerken.

 

Figur Gräbener Holperdorp (Foto M. Illhardt)
Figur Gräbener Holperdorp (Foto M. Illhardt)

Ein Rundgang auf der jährlich stattfindenden Holperdorper Hofausstellung ist nicht nur einfach ein Kunstbesuch wie jeder andere. Das Gefühl, das meine Frau und mich jedes Jahr beim Ausflug in die Bauernschaft bei Lienen überkommt, lässt sich einem Außenstehenden schwer vermitteln. Vielleicht ist es eine Spur von Sehnsucht nach ländlicher Idylle, vielleicht ein Hauch von der Leichtigkeit des Seins. Immer ist es eines der Sondermomente in unserem kulturell gefärbten Kalender. Daher gehört diese Ausstellung auch zu den Anlässen, die wir nur allein, ohne weitere Begleitung genießen können. Denn selbst dann, wenn uns dort ausstellende Künstler nicht in ausnehmender Weise zusagen, so ist doch immer ein Ausflug der besonderen Art in diese künstlerische Fantasiewelt und dort würde jeder bekrittelnde Begleiter nur stören.

Holperdorper Hofausstellung (Foto A. Illhardt)
Holperdorper Hofausstellung (Foto A. Illhardt)

Schon allein die Anfahrt zur Bauerschaft Holperdorp ist ein reizendes Unterfangen, denn die Straße schlängelt sich mit zahlreichen Serpentinen durch den Teutoburger Wald und bietet immer wieder fantastische Ausblicke auf Wälder, Kotten oder verträumte Wiesen. Die Zeit, auch wenn es etwas floskelhaft klingt, scheint hier etwas beschaulicher zu ticken. In dieser Landschaft liegt auch das Gehöft der beiden Künstler Wendelin Gräbener und Franz Winkelkotte, die jedes Jahr befreundete und bekannte Künstler zu einer Gemeinschaftsausstellung einladen. Das Spektrum der hier dargebotenen Kunst reichte von Grafik, Fotografie über raumbezogene Installationen und Papierarbeiten bis hin zu Stein-, Glas- und Keramikwerken.

Noch heute sprach ich mit einem befreundeten Künstler über die Wirkung von Kunst auf den Betrachter. Seine Meinung war, dass es auf das bisschen „Mehr“ ankommt, damit ein künstlerisches Objekt eine gewisse Nachhaltigkeit erfährt. Dieses „Mehr“, das man in der Erinnerung mit nach Hause nimmt, das einen auch Tage später noch beschäftigt oder das bestenfalls in welcher Form auch und wozu auch immer inspiriert, schimmerte bei der 19. Holperdorper Hofausstellung nur in wenigen Werken durch. Und dennoch war allen ausgestellten Arbeiten etwas gemein: Eine gewisse Leichtigkeit.

Skulptur Toni Bauer (Foto A. Illhardt)
Skulptur Toni Bauer (Foto A. Illhardt)

Schon beim Betreten des Grundstücks, das alleine schon eine Reise wert ist, stießen wir auf die Steinskulpturen des Bildhauers Toni Bauer. In seinen Objekten findet man eine Symbiose von Mensch und Form. Die menschliche Gestalt erschließt sich erst auf den zweiten Blick; die Formen sind grazil, weich und fließend. Dem wäre noch eine steinunübliche Nuance hinzuzufügen: Warm!

Im Garten fand man auch eine ortsbezogene Installation von Christiane Stegat. Die Auswölbungen an einem kleinen Bauwagen wirkten auf den ersten Blick ein wenig wie Fremdkörper oder Störenfriede in dieser Kunstidylle, vergisst man hier doch zu schnell, dass Kunst gerne auch etwas sperrig und störend sein sollte.

Installation Schlieker-Erdmann (Foto A. Illhardt)
Installation Schlieker-Erdmann (Foto A. Illhardt)

Christiane Schlieker-Erdmann hatte mit ihren z.T. raumfüllenden Papierinstallationen eine der Atelierscheunen belegt und ihre fragilen Werke geschickt in Szene gesetzt. „Das eigene Entdecken innerer Prozesse in der Bearbeitung des Materials Papier führt zu immer neuen Gestaltungen des Entstehens und Vergehens, des Zerstörens, Umwandelns und Neuschöpfens“, beschreibt die Künstlerin in einem Katalog ihre Vorgehensweise. Schon an der Gartenpforte wird darum gebeten, Hunde bitte draußen zu lassen. Beim Anblick ihrer Papierarbeiten lässt sich diese Bitte durchaus nachvollziehen.

In der gegenüberliegenden Scheune stellten Fritz und Heidrun Kohnert aus. In den Keramikwerken von Heidrun Kohnert schienen der Werkstoff und architektonische Strukturen und Prozesse zu verschmelzen. Die überwiegend rundlichen und schnörkellosen Formen fanden sich in den Fotografien von Fritz Kohnert wieder.

Nebenan präsentierte Wilfried Bohne, der sich im deutschsprachigen Raum mit Buch- und Portofoliepublikationen einen Namen gemacht hat, seine Grafiken. In seinen Bildern finden sich z.T. skurrile, bizarre Formen, die stets zwischen Gegenständlichem und davon völlig Losgelöstem changieren. Viele sind mit eigener und fremder Lyrik unterlegt. Wünsche … nur einen Fingerhut … voll Glück … und die schwebende Feder … vielleicht. Ein Schmunzelbeispiel von vielen.

Figur Gräbener Holperdorp (Foto A. Illhardt)
Figur Gräbener Holperdorp (Foto A. Illhardt)

Sowohl fest auf dem Grundstück installiert, als auch im Atelier ausgestellt sind immer wieder die Keramiken von Wendelin Gräbener, sowie die Glasarbeiten und Installationen von Franz Winkelkotte Augenweiden zum Betrachten und vor allem Staunen. Schlendert man beispielsweise durch den Garten, so kann es bei Gräbeners Werken durchaus passieren, dass man sie zwischen all dem Grün und Pflanzenbunt erst finden muss. Sie spielt mit surrealistischen Elementen ebenso, wie mit kleinen Alltagsgeschichten und augenzwinkerndem Humor. Winkelkottes filigrane Glasarbeiten sind echte Wunderwerke, wobei sich das Wunder nicht nur auf die Machart, als auch auf die Wirkung bezieht. Noch beim Rausgehen schaue ich in eines seiner Glasobjekte und siehe da, die Gartenwelt stand Kopf.

 

Die gesamte Bildergalerie der Kulturvisite (Fotos: Arnold Illhardt):