Amsterdam. Diese Stadt in einem kurzen Artikel zu würdigen gleicht dem Versuch, Nietzsches Werke in einem Aufsatz zusammenzufassen. Die Stadt ist dermaßen vielseitig, bunt und kreativ, dass man a) alle Sinne und b) viel Zeit braucht, um sie zu begreifen. Vor allem sollte man eins tun: die typischen Touristenpfade verlassen.
„Amsterdam ist nicht nur die Stadt des Sex, wie immer behauptet wird“, erklärte uns die Bedienung in dem kleinen Restaurant im Viertel. „Amsterdam ist vor allem auch die Stadt der Liebe!“ und stellte uns einen Teller mit allerlei süßen Verführungen samt brennenden Wunderkerzen auf den Tisch. Ein Geschenk des Hauses zu unserem fünften Hochzeitstag, den wir stilvoll in der Amstelstadt zelebrierten. Es sollten grandiose Tage werden und die Tatsache, während dieser Zeit auf einem Hausboot an der Brouwersgracht zu wohnen, verlieh dem Fest den würdig-verrückt-verruchten Rahmen.
Amsterdam in einem kurzen Artikel zu würdigen gleicht dem Versuch, Nietzsches Werke in einem Aufsatz zusammenzufassen. Die Stadt ist dermaßen vielseitig, bunt und kreativ, dass man a) alle
Sinne und b) viel Zeit braucht, um sie zu begreifen. Vor allem sollte man eins tun: die typischen Touristenpfade verlassen; kein Mensch braucht bei einem Trip in diese Metropole Shoppingcenter oder Fußgängerzonen. Das Herz pulsiert in den engen Gassen des Jordaan, an den kleinen Grachten oder auf dem schmuddelig-schönen NDSM-Werftgelände, wo Graffitis aus dem Wasser wachsen, Rost und Holunder um die Wette wuchern und in alten Werkshallen neue Kunst aufblüht. Wenn wir morgens liebestrunken aus unserer schwimmenden Ferienwohnung mit Schwananschluss klettern, so tauchen wir in eine unvergleichliche Atmosphäre ein, die man in D-land zumeist vergeblich sucht: freundliche Blicke, ein nettes Hej von einem alten Herrn auf dem Rad, Frauen, die das Licht der Novembersonne genießen, indem sie in ihrem Tuen innehalten, überhaupt Menschen, die einen wahrnehmen. Es liegt eine entspannte Atmosphäre über Old-Amsterdam und es herrscht ein Klima von anything-goes. Deutsche Behörden für die Standardisierung von
Brückengeländerhöhen und Dachneigunswinkeln bekämen hier das kalte Grausen. Derweil zieht leichter Nebel über die Grachten, wobei man sich stets fragen muss, ist das wetterbedingt oder hat der Coffeeshop an der Ecke justement die Türen zum Lüften geöffnet. Schaut man in die gardinenlosen Fenster – ich rede von beiläufigen Schauen, nicht vom Glotzen – so entdeckt man in den guten Stuben liebevoll kreatives Allerlei, statt geklontes Einerlei. Kreative Ideen scheinen hier zu wachsen, so wie die kaum mehr zu bändigenden Pflanzen vor den Haustüren und Fenstern. Bei all diesen sympathisçhen Anflügen von Anarchie, diesem Mit- und Durcheinander wird einem manchmal mulmig, wenn man daran denkt, wie erfolgreich die rechtspopulistischen Auswüchse eines Geerd Wilders & Kumpanen sind. Er erinnert ein wenig an Hundekot auf frischen Tulpen.
Nach dem Besuch des innen wie außen sehenswerten Stedelijk-Museums, einem Bummel durchs Jordaan-Viertel, einem Besuch in einem der netten Cafes, noch eben etwas fürs Abendessen
gekauft, klettern wir wieder in unsere geräumige Kajüte, Schotten dicht und Luken geschlossen. Und dann dümpeln wir sacht auf unserer Gracht. Love, peace and ecstasy hatten wir heut schon, fange wir also vorne wieder an. Es wird Nacht über Amsterdam und der Mond schimmert durchs Bullauge in unsere Koje. Tatsächlich: Amsterdam ist die Stadt der Liebe!