Bildersturm
...wenn Bilder verloren gehen

Bildersturm (Fotos und Collage von Arnold Illhardt)
Bildersturm (Fotos und Collage von Arnold Illhardt)

Bilder…

Sprechen manchmal mehr als wir es mit Worten sagen können

Oftmals schreien sie sogar … rufen: Hey, schau hin, so siehts wirklich aus

Und dann und wann sind sie still

Voller Erinnerungen, kleine eingefrorene Momente

Eine zur Gegenwart gewordene Vergangenheit

 

Bilder können amüsieren, trösten, Hoffnung machen, das Herz erfreuen

Und bei aller Hässlichkeit der Welt Blicke ins Schöne zaubern

Sie regen Phantasien an, lassen Träume sprudeln und verzaubern unsere Sinne

Manchmal sind Bilder so gut, dass sie uns schmecken lassen, was wir sehen

Oder hören … Oder fühlen

Oh … und Bilder können uns animieren, ja gar elektrisieren

Sie können unsere Begierde entfachen, uns sogar verrückt machen

Verrückt nach dem in uns schlummernden Verborgenen

Uns erregen, so als sei das dort Abgebildete nahezu lebendig

Daher können sie auch süchtig machen

Ersatz für das, was uns nicht gegönnt erscheint

 

Bilder können aber auch auf verdammt ungeschönte Weise

Uns Wahrheiten, die wir nicht wahrhaben möchten, vor Augen führen

Und ungeschönt heißt auch: Sie machen traurig, wütend, zornig

Sie geißeln unsere beschissene Gleichgültigkeit

Unser Es-wird-schon-alles-nicht-so-schlimm-sein-Denken

Manchmal sind sie realistischer als die Realität

Und bestialischer als das bestialisch Menschliche, was uns gerne vorenthalten wird

Um die Spezies Mensch als nicht ganz so armselig dastehen zu lassen

Wie sie aber eigentlich ist.

 

Und dann haben Bilder manchmal die Kraft

Dass wir aufspringen, aufschreien oder Unterdrücktem Luft machen

Dass wir auf die Straßen laufen und uns lauthals beschweren

Dass wir plötzlich merken, dass wir gar nicht wir selbst sind

Sondern trottelig an Fäden hängende Marionetten

Dann schmerzen Bilder oder beschämen uns

Oder wir wünschen uns, wir hätten nie hingeschaut

Denn Bilder sind direkter als Texte, wo man zwischen den Zeilen lesen muss

Oder sich die Wahrheit zurechtliest … So wie sie grade passt

Das ist bei Bildern anders

Außer …. Man belügt uns mit ihnen … Absichtlich

 

In letzter Zeit fällt mir auf, dass Bilder verloren gegangen sind

Es fing ganz harmlos an, mit kleinen unbedeutsamen Darstellungen

Mit harmlosen Kaschierungen, Veränderungen und Verheimlichungen

Dann wurden es mehr und mehr

Bis irgendwann die großen, dramatischen Bilder fehlten

Als man darauf hinwies, hieß es, man solle sich nicht so anstellen

Denn anderenorts gäbe es fast gar keine Bilder mehr

Und da wusste ich, dass es dem Zwecke dient

Bestimmte Dinge nicht sehen zu sollen

Weil Instanzen existieren, die sich als Herrscher der Bilder ausgeben

Vor allem aber als Herrscher über das, was auf ihnen gezeigt wird

Und die sich einbilden, nein: mehr noch, überzeugt sind,  über sie verfügen zu können

Die Macht dazu haben wir ihnen gegeben

 

Das ist der Moment aufzuwachen

Genauer hinzuschauen und

Unerbittlich an die fehlenden Bilder zu erinnern

 

Und sie uns zurückzuholen … Alle!

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Nach dem autoritären Staatsumbau durch die Regierung Trumps ließ das Pentagon rund 26.000 Fotos auf den Websites US-Militärs zur Löschung markieren und sie zum Teil aus dem Netz verschwinden. Es sind u. a. „… historische Aufnahmen schwarzer Soldaten im Zweiten Weltkrieg ebenso wie Porträts von Christina Fuentes Montenegro, die 2013 als eine der ersten Frauen erfolgreich eine Infanterieausbildung absolviert hat.“ (Zitat und Information aus der Frankfurter Allgemeine – Sonntagszeitung vom 16. März 2025).

Es wird viel diskutiert, ob es sich in den Vereinigten Staaten um ein faschistisches Regime handelt. Meine Meinung: Immer dann, wenn einem Volk Informationen vorenthalten, sie gelöscht werden oder ihre Nutzung bestraft wird, handelt es sich um Symptome von Faschismus.

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Über zwei Wochen hing der Text in einem Schaukasten an unserem Haus in Telgte, der sich „SCHREYBEN & SEHEN“ nennt. Hier können Passanten wechselnde Texte, Gedichte, Schreibinstallationen etc. betrachten. So wie auch bei diesem Text wurden wir auf den Inhalt angesprochen.