Über Pazifismus, Gewalt und die Wirksamkeit von „Frieden schaffen ohne Waffen“
Zweifel an immerwährenden Prinzipien

https://pixabay.com/de/photos/kugeln-muscheln-kugel-schalen-2166491/
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Ich habe mehrmals geschrieben (z. B. hier: https://querzeit.org/gesellschaft/ueber-verteidigung-die-dem-frieden-dient), dass ein Krieg in Europa schon wegen seiner Infrastruktur mit Staudämmen, Chemiefabriken und Atomkraftwerken unter keinen Umständen geführt werden darf. Gemeint war ein Krieg zwischen Staaten, der mit Panzern, Bomben und Raketen geführt wird, ein Krieg wie er heute wieder seine Blutspur durch die Ukraine zieht. Ich bin überzeugt, ein Land, das sich gegen einen gewaltsamen Aggressor wehrt, wird klüger und erfolgreicher handeln, wenn es die Mittel ziviler Verteidigung anwendet, um maßlose Zerstörung und ungezählte Todesopfer zu verhindern, die eine militärische Verteidigung immer fordern würde (zu den Methoden ziviler Verteidigung siehe den o. g. Aufsatz). Dies ist zunächst mehr ein Argument der Vernunft als der Moral, und damit nicht dasselbe wie der bedingungslose Pazifismus im Sinne des Neuen Testamentes, das fordert: Leistet dem Bösen keinen Widerstand und haltet die linke Wange hin, wenn Euch auf die rechte geschlagen wird.

Nicht erst seit ich über den Ukraine-Krieg nachdenke, aber je mehr ich über ihn schreibe, desto stärker werden die Zweifel, ob – jenseits abgewogener Argumente zum Krieg zwischen Staaten – bedingungsloser Pazifismus eine realistische Option ist, die in allen Zeiten, in allen Ländern, unter allen Bedingungen eine Haltung ist, die vertreten werden muss und vertreten werden kann.

Gewaltverzicht einzelner Menschen und Gewaltlosigkeit als Prinzip in staatlichen Konflikten

Beim Versuch, meine Haltung zum Pazifismus auszuloten, will ich zunächst unterscheiden zwischen meinem Verhalten als einzelner Mensch und der Überzeugung, „Frieden schaffen ohne Waffen“ müsse und könne zum allgemeingültigen Gesetz kollektiven Verhaltens gemacht werden. Würde ich persönlich an einem Tyrannenmord teilnehmen?

https://pixabay.com/de/photos/wut-kampf-faust-kämpfen-streit-1564031/
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Würde ich, wenn nötig, mit Gewalt eingreifen, um einem Menschen beizustehen, der angegriffen, überfallen, vergewaltigt wird? Zweimal ja. Damit also bin ich wohl kein bedingungsloser Pazifist im Sinne von Jesu Bergpredigt.

Dennoch, niemand wird daran zweifeln, dass Gewalt zwischen einzelnen Menschen ebenso wie zwischen Gemeinschaften, Völkern und Staaten, fast immer grausame und lang andauernde Folgen für die Opfer hat – und für die Täter auch. Es fällt mir nicht schwer zu sagen, dass ich mich nicht hergeben würde als Kanonenfutter auf Befehl von Regierungen, die mich zwingen oder ‚gehirnwaschen‘ wollten, auf meinesgleichen zu schießen. Auch bin ich nicht einverstanden, wenn Revolutionsromantiker leichtfertig von Gewalt im Dienste von Freiheit und Gerechtigkeit träumen. Kein Zweifel, Gewalt muss – bis an die äußerste Grenze des Möglichen und Vertretbaren – verhindert werden.

Kann die Anwendung von Gewalt unvermeidbar sein?

Aber gibt es auch Situationen, in denen das nicht möglich ist, wo Gewalt unvermeidbar ist? Und wenn sie unvermeidbar ist, ist sie dann nicht auch gerechtfertigt, und würde ich mich dann beteiligen? Spielen wir also Gedankenspiele, die mehr sind als nur Spiele, weil sie ihren Grund haben in harter Realität.

Wenn wir einen Krieg zwischen Staaten grundsätzlich ablehnen, und wenn die Vernunft verlangt, auch bei einem militärischen Angriff die Mittel ziviler Verteidigung einzusetzen, müssen wir dann nicht auch den Krieg verurteilen, der die militärische Niederlage der deutschen Armeen im Zweiten Weltkrieg herbeiführte? Selbst wenn sich die Länder, die Deutschland überfiel, mit nicht-militärischen Mitteln verteidigt hätten, es hätte die Ziele der Nazi-Armeen wohl sogar erleichtert. Deutschland war ein anderer Kriegsgegner als imperiale Mächte wie Russland und die USA, die andere Länder ’nur‘ überfallen, um sie kontrollieren, beherrschen, ausbeuten zu können, nicht aber, um ihre Bewohner auszulöschen.

https://pixabay.com/de/photos/ghetto-warschau-angst-kind-67736/
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Den Nazis ging es nicht ’nur‘ um Weltherrschaft, sondern darum, Menschen zu vernichten, Juden, Sinti, Roma, slawische „Untermenschen“, „lebensunwerte“ Behinderte, Homosexuelle, „Asoziale“ und andere, die nicht konform lebten, auszulöschen. Der militärische Widerstand gegen die Deutsche Wehrmacht, der in einen Gegenangriff mündete, hat einerseits einem großen Teil der Nazi-Opfer das Leben gerettet, zugleich aber Millionen anderer Leben gekostet. Dennoch – und obwohl auch die Alliierten Kriegsverbrechen begingen, die nicht hätten begangen werden dürfen – hat er am Ende ein Regime vernichtet, dass für alle Zukunft die Menschlichkeit an sich in Frage stellte. Der Krieg gegen Nazi-Deutschland hätte zum Teil anders geführt werden können und müssen, aber er war unvermeidlich.

Wäre es realistisch, nur gewaltfreien Widerstand zu leisten, wenn Völkermord im ganz wörtlichen Sinne droht, wenn der Aggressor nach dem Muster europäischer Kolonialherren „rassisch Minderwertige“ in die Sklaverei führt? Im spanischen Bürgerkrieg 1936-39, in dem die Republik sich verteidigte gegen den Militärputsch von General Franco, haben die westlichen Demokratien faktisch ein Waffenembargo gegen die republikanischen Verteidiger verhängt. Auch die Bosniaken unterlagen einem faktischen Waffenembargo des Westens als sie sich gegen die serbischen und kroatischen Verbrechen im Bosnienkrieg 1992-95 zur Wehr setzten. Massaker, Vertreibungen, Völkermord in Srebrenica und die jahrelange Belagerung, der Beschuss von Städten war die Realität dieses Krieges. Hätten die Spanier und die Bosniaken besser nicht kämpfen sollen?

https://pixabay.com/de/photos/mann-nachdenken-gedanken-skulptur-2546791/
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Ich habe Zweifel. Mir scheint, zumindest in Spanien wären die Methoden der zivilen Verteidigung vielleicht eine Option gewesen, aber sie waren nicht bekannt und eingeübt. War es unter diesen Umständen richtig, den Verteidigern Waffen zu verweigern? Wenn es bereits zum Krieg gekommen ist verkürzt man ihn zweifellos, wenn man dafür sorgt, dass nur eine Seite keine Waffen hat. Aber wer entscheidet über den Preis und wer bezahlt ihn? Ich habe Zweifel.

Militärische Gewalt in staatlichen Konflikten

Kämpfer für den Frieden, die unermüdlich eintreten für die Überzeugung, dass Frieden schaffen ohne Waffen notwendig und möglich ist, und die deshalb als unrealistische Träumer verspottet werden, halten zu Recht dagegen, dass Regierungen ihre konkreten Vorschläge zur Konfliktvermeidung und -lösung allzu oft nicht ernsthaft und konsequent anwenden wollten. Dies ist eine Tatsache, und zugleich ist damit für Pazifisten ein Problem verbunden.

https://pixabay.com/de/photos/apokalypse-krieg-katastrophe-2459465/
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Gegen alle vernünftigen Vorschläge und Proteste, gegen allen Widerstand der immer wieder zu schwachen Friedensbewegungen rüsten Regierungen auf und führen Kriege ohne jede Rücksicht auf ihre Völker, die nie gefragt werden. Ist es erst zum Krieg gekommen, heißt es zynisch: „Ihr Träumer, seht Ihr wie unsinnig Frieden schaffen ohne Waffen ist?“ Es ist bösartig und verlogen, dass diejenigen, die den Krieg wollten, die ihn führen, die ihn bejahen oder schweigend nicht verhindert haben, ausgerechnet den Gewaltfreien vorwerfen, es sei „Lumpenpazifismus“, sich dem Krieg zu verweigern und Waffenlieferungen abzulehnen. Pazifismus ist nicht gescheitert – er wurde nur noch nie umgesetzt.

Heute, wo vor allem die Regierungen Russlands und der NATO-Staaten (und ihre Sprachrohre in den Medien) über Krieg und Frieden entscheiden, haben bedingungslos Gewaltlose im Sinne des Neuen Testaments nur die Möglichkeit zu rufen: „Alle Waffen nieder!“ – im Wissen darum, dass ihre Worte wirkungslos verhallen. Politisch handelnde Kriegsgegner dagegen haben nicht die Option zu sagen: „Ich halte mich raus und sage nichts zum Thema Waffen, denn mit diesem Krieg habe ich nichts zu tun“. Den Kriegsgegnern bleibt nichts Anderes, als sich in die Diskussion einzumischen darüber, ob, wann, wie viel und welche Waffen geliefert werden sollen, und zu fordern, der Krieg müsse so schnell wie möglich beendet werden. Egal aber ob sie Waffenlieferungen an Verteidiger zustimmen oder ablehnen, sie befinden sich in dem Dilemma, dass jetzt das eine wie das andere Menschenleben fordert.

Mit einem Wort, Frieden schaffen ohne Waffen als gültiges Prinzip der Vernunft und Moral hat praktische Wirkmacht nur vor einem Krieg und zum Zwecke seiner Verhinderung. Während des Krieges wird es zwar immer noch zu vereinzelten Aktionen des friedlichen Widerstandes kommen können, wie z. B. zu Streiks, aber sie sind weniger wirkungsvoll und gefährlicher, weil die Brutalisierung der Kriegsteilnehmer, die jeder Krieg verursacht, bereits um sich gegriffen hat.

Lieber stehend sterben als auf Knien leben!“

https://pixabay.com/de/photos/kuba-che-guevara-heldenverehrung-5230856/
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Von Che Guevara soll der Satz stammen, der ein Lebensgefühl ausdrückt, das sehr alt ist, das viele Menschen auf der Welt teilen, und das auch ich nachempfinden kann. Aus diesem Satz spricht nicht Vernunft, sondern ein tiefes Empfinden von Zorn und Verzweiflung, vor allem aber die Akzeptanz des letzten Mittels zur Verteidigung der Würde des Menschen.

Wie weit kann man Menschen demütigen, wie lange sie quälen und zu töten versuchen, wenn sie Gerechtigkeit und Freiheit, ihr Menschenrecht fordern, ohne dass sie sich wehren und friedlich bleiben? Hat der Anhänger des Neuen Testamentes das Recht, über sie ein Urteil zu fällen? Waren die bewaffneten Aufstände im Warschauer Ghetto und im KZ Buchenwald falsch, weil sie doch dem Bösen Widerstand leisteten? Hier habe ich keine Zweifel, und ich wüsste, wie ich mich entscheiden würde. Dies ist etwas anderes als der Krieg zwischen Staaten. Ein tiefes Gefühl von Würde und Gerechtigkeitssinn ist in manchen Lagen stärker als rein rationale Argumente – und dabei können sogar die Folgen zweitrangig sein. Unter bestimmten, wenn auch seltenen Umständen hat der Aufstand eine ebensolche moralische Legitimität und prägende Kraft wie die Vernunft und das Postulat „Du sollst nicht töten“. Immerhin, die Verteidigung der menschlichen Würde und der Impuls, es sei besser stehend zu sterben als auf Knien zu leben, kann auch die Triebfeder zivilen Widerstandes im Krieg zwischen Staaten sein, der ebenfalls Opfer fordern mag.

Das Konzept des gewaltlosen Widerstandes im Krieg zwischen Staaten ist an die menschliche Vernunft gebunden. Es ist ein Konzept, dass seine Notwendigkeit herleitet aus moderner technischer, industrieller Kampfführung, die ganze Erdteile und alles Leben darin vernichtet. Das heißt mitnichten, das Unrecht eines Angriffs zu dulden! Aber die Entscheidung über den Einsatz des Militärs treffen immer nur Regierungen und Generalstäbe. Die Menschen dagegen werden eingezogen und für die Front mobilgemacht, allzu oft mit Hilfe der Kriegspropanda beider Seiten. Darum ist gewaltloser Widerstand der bessere Weg, weil er das Leben bewahrt und alles, was es zu verteidigen gilt. Zugleich ist nicht zu übersehen und nicht zu leugnen, dass es auch Situationen gibt, in denen ebenso starke wie legitime Emotionen zu Gewalt führen können, die weder zu verhindern noch zu verurteilen ist.

Die Verteidiger des Friedens und der Krieg in der Ukraine

Auch hier gilt: Dieser Krieg hätte verhindert werden können. Das begründen mit vielen Fakten nicht nur Kritiker aus der Friedensbewegung, sondern auch Politikwissenschaftler, ehemalige NATO-Generäle und Diplomaten. Dass er aber provoziert, zugelassen, begonnen wurde, hat mit harten Großmachtinteressen sowohl der USA als auch Russlands zu tun. Auch das wurde vielfach im Detail dargelegt. Wie immer wenn es zu spät ist, bleibt Pazifisten nur Verhandlungen zu fordern. Wenn sie jegliche Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen, werden sie in der Öffentlichkeit dargestellt, als wären sie einverstanden damit, die Ukraine Russland auszuliefern und als wollten sie einen Überfall auf ein anderes Land „belohnen“. Halten sie zumindest die Verteidigung mit westlichen Waffen für vertretbar, führt auch dies zu Leid und Tod. Und schließlich ist es auch keine Option, den Soldaten und Regierungen beider Seiten schweigend, passiv beim Schlachten und Zerstören zuzuschauen.

https://pixabay.com/de/photos/der-krieg-aggression-die-ruinen-der-7152543/
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Die Verfechter friedlicher Lösungen stemmen sich gegen das Trommelfeuer aus Massenmedien, die uns nur einen gewählten Ausschnitt des Gesamtbildes zeigen, nämlich die tatsächliche Brutalität des Aggressors Russland. Von dessen Interessen ist die Rede, nicht aber von denen der USA und NATO. Die ehrenhafte Haltung in der Bevölkerung, man müsse einem angegriffenen Land beistehen, wird für politische Zwecke missbraucht. Denn im Kern geht es nicht einfach um Mitgefühl, Moral, Solidarität, Kampf gegen Unrecht und „wertegeleiteter“ Politik. Ich glaube Politiker*innen um Steinmeier, Baerbock, Hofreiter, Strack-Zimmermann und Merz nicht; sie sind zu sehr Profis um nicht zu wissen, dass auch NATO-Staaten Moral nur kennen, wenn es nicht mit ihren Interessen kollidiert. Wie sonst wäre es erklärbar, das der Angriff Russlands auf die Ukraine gegeißelt wird, nicht jedoch Überfälle von NATO-Staaten auf andere Länder, deren Opfern man nicht mit Waffen hilft.

https://pixabay.com/de/photos/wahrheit-lüge-geschäft-präsentation-3641636/
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Wenn das Verständnis für den Kampf der Ukraine um ihr eigenes Land ehrlich gemeint wäre, würde das auch für die Palästinenser gelten oder die Kurden in Syrien. Völkerrechtswidrige Annexionen fremden Landes stören Politiker aller Seiten offensichtlich nur, wenn die Täter keine befreundeten Regierungen sind.

Es heißt, die Ukraine allein dürfe entscheiden, ob, wann und über was sie verhandeln wolle. In Wahrheit aber liegt die sogenannte „Entscheidungsfreiheit“ der Ukraine nur im Rahmen der Interessen des Westens, wie lange, wie viel und welche Waffen er willens ist zu liefern. Es ist deshalb legitim, dass die Menschen der Lieferländer fordern, dass jede Waffenlieferung an Bedingungen geknüpft wird, nämlich die Bereitschaft zu verhandeln. Zumal auch für westliche Militärexperten klar ist, dass Russland seine Optionen für die Eskalation des Krieges zu keinem Zeitpunkt genommen werden können und weder Russland noch die Ukraine den Krieg „gewinnen“ werden. Daran wird die Lieferung von Kampfpanzern, Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen nichts ändern, sondern sie werden das Leid unnötig verlängern – und die Gefahr eines großen, auch atomaren Krieges vergrößern. Dabei sind die humanitären und sozialen Folgen dieses Krieges für die unschuldigen Menschen auf der Südhalbkugel noch gar nicht erwähnt, ebenso wenig wie die Konsequenzen für die Klimakatastrophe, von der wir alle betroffen sind. Die schöne Floskel, die Regierung Selenskij könne und dürfe allein entscheiden, ist daher faktisch weder zutreffend noch zu rechtfertigen.

Schlussfolgerungen

Ich hasse und fürchte die Gewalt, und wenn es um Krieg zwischen Staaten geht, lehne ich sie ab, weil es die Entscheidungen von Regierungen sind, für die ihre Völker einen unermesslichen Preis bezahlen. In diesen Kriegen ist passiver Widerstand und zivile Verteidigung auf beiden Seiten der klügere und bessere Weg. Eine Ausnahme von dieser festen Überzeugung könnte nur gelten, wenn es um einen Angriff ginge durch einen Staat, der Ziele hätte, die mit denen Nazi-Deutschlands zu vergleichen wären, d. h. wenn es darum ginge, alles zu verteidigen was uns zu Menschen macht.

https://pixabay.com/de/photos/protest-streik-demo-demonstration-60587/
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Den strikten Widerstand gegen den Krieg zwischen Staaten setze ich jedoch nicht gleich mit bedingungslosem Pazifismus. Im Falle von Angriffen einzelner Menschen schließe ich gewaltsame Verteidigung nicht aus. Wenn nicht Machthaber, sondern Menschen selbst entscheiden, sich als letztes Mittel mit Gewalt zu wehren, um unerträgliches Unrecht abzuschütteln, kann ich ebenfalls Gewalt nicht grundsätzlich verurteilen.

Immer wieder steht die Friedensbewegung mit ihren hehren Zielen vor dem Dilemma, nur reagieren zu können auf das, was Machthungrige angezettelt haben. Das pazifistische Konzept von „Frieden schaffen ohne Waffen“ kann eine politische Wirkung nur durch konkrete Vorschläge entfalten, die der militärischen Kriegsführung überzeugende Alternativen entgegensetzt. Dazu gehören die Mittel und Methoden des zivilen Widerstandes, die in Deutschland nur Wenige kennen.

https://pixabay.com/de/photos/tafel-idee-gezeichnet-kreide-3699939/
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Um einer Realität etwas entgegenzusetzen, in der auch die deutsche Regierung immer nur Aufrüstung und Kriegsvorbereitung anzubieten hat, werden Kriegsgegner aller politischen, moralischen, religiösen Überzeugungen neue Wege gehen müssen, um politische Wirksamkeit zu entfalten.

Wir müssen den Einsatz von ausreichenden Finanzmitteln verlangen für Universitäten und Forschungsinstitute, die Studien betreiben und Modelle entwickeln für die Verhinderung und Vermeidung von Kriegen. Wenn ungeheure Summen ausgegeben werden für die Vorbereitung des Krieges,

https://pixabay.com/de/photos/leiter-gehirn-gedanken-1965678/
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sollte es möglich sein, die Unterstützung breiter Kreise der Bevölkerung zu gewinnen für die Einrichtung von Lehrstühlen dieser Fachrichtung. Das würde dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit nicht nur eine Minderheit von üblichen Verdächtigen als Kriegsgegner wahrnimmt. Vielleicht wäre – über Vorträge, Flugblätter und Gespräche hinaus – die praktische Einübung von zivilem friedlichem Widerstand unter den Augen der Öffentlichkeit eine Möglichkeit, dass diese sich ein Bild von ihrer realen Wirksamkeit machen könnte. Die Anwälte des Friedens müssen aus der ewigen Defensive herauskommen, die ihnen immer nur erlaubt zu reagieren, wenn Regierungen wieder einen Krieg angezettelt haben. Der Krieg, der für die Menschheit der letzte sein könnte, muss verhindert werden.

Kommentare sind willkommen an juergen.buxbaum@querzeit.org

https://pixabay.com/de/photos/pistole-knoten-kunstwerk-außenkunst-3364595/
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