Psychedelische Musik ist eine Spielart, die ihre Wurzeln in den 60er Jahren hat, aber bis heute unterschiedlichste Genre wie Rock oder Elektronische Musik beeinflusst. „Der Sound soll das Bewusstsein öffnen und anregen“, beschreibt Dave Schmidt alias Sula Bassana, selbst umtriebiger Musiker, sowie Betreiber des Labels Sulatron, diese Musik. Ein Tauchgang in bewusstseinserweiternde Tiefen dieses trippigen Sounds.
Arnold Illhardt (AI): Neulich stieß ich in einem dieser Fragebögen in den sozialen Medien auf die Frage: Was war dein erstes Konzert? Ich musste eine Weile nachdenken, dann fiel mir wieder ein, dass es sich um die Band „Wallenstein“ in der Telgter Schulaula gehandelt haben muss, wo damals viele Größen des sogenannten Krautrocks auftraten. Ich war etwa 16 Jahre alt. Die psychedelisch beeinflusste Musik dieser Band um den Keyboarder Jürgen Dollase elektrisierte mich. Zum einen waren Wallenstein komplett anders als das, was man zu der Zeit – es muss so um 1975 gewesen sein – im Fernsehen zu Gesicht bekam, zum anderen war das Hören der Musik, aber auch die Effekte der Lightshow dermaßen intensiv, dass es wie ein Eintauchen in ein Paralleluniversum war; eine Art Traumwelt. Vermutlich war dieser Abend, aber auch das Aussehen der Musiker (alle hatten lange Haare, was bei uns in Telgte noch nicht so richtig angekommen war) eine Art Initialzündung für viele weiteren Prozesse in meinem Leben. Dave, erinnerst du dich noch an Dein erstes Konzert? Hatte es ähnliche Auswirkungen?
Dave Schmidt (DS): Oh, mein erstes Konzert war glaub ich ein Liedermacherfestival mit Klaus Hoffmann, den ich sehr gut fand, Klaus Lage (oh je) und anderen, kann mich kaum erinnern, da war ich etwa 12, schätz ich. Die ersten Konzerte, die ich dann spannend fand, waren von Berliner Elektronikmusikern. Rolf Trostel, Tangerine Dream und so. das war dann so Anfang der 80er Jahre. Was mich dann total weggeblasen hatte, waren Pink Floyd vorm Reichstag, 1986 oder so. Da war ich dann etwa 18.
AI: Dein Name wird sicherlich vielen absolut unbedeutend sein, allerdings genießt du bei Insidern der psychedelischen Musik einen hohen Bekanntheitsgrad als im positiven Sinne äußerst umtriebige Person. Vor allem aber bist du Musiker, der in zahlreichen Bands, aber auch Studioprojekten mitwirkte und natürlich immer noch mitwirkt. Ich habe versucht, mich im Internet über dein Wirken schlau zu machen: Kein einfaches Unterfangen. Man hat das Gefühl, bei dir laufen viele Fäden zusammen, die du aber auch fleißig weiterspinnst. Du führst aber auch ein eigenes Label (dazu später), das sich sulatron-records nennt. Das Rockmagazin eclipsed drückte es so aus: „Dave Schmidt in allen Gassen.“ Kannst du mal etwas Licht ins Dunkle um deine Person bringen? Wo liegen deine Schwerpunkte und was würde deine Umtriebigkeit am besten auf den Punkt bringen?
DS: Äh, wie fang ich an, und wo? Also, ich spiele verschiedene Instrumente in verschiedenen Bands, die da momentan wären: Zone Six, Electric Moon, Interkosmos, und solo als Sula Bassana. Hab 1985 mein erstes Konzert gegeben. Seit 2004 habe ich Sulatron Records. Seit etwa 2007 lebe ich von meinem Label. Wir spielen, wenn möglich, Konzerte in halb Europa. Ansonsten findet mein Aufgabengebiet zumeist am Bürotisch statt. Ein Label mit Onlineshop zu betreiben, die Promotion selber zu machen, und sogar einige der Veröffentlichungen selber zu komponieren/spielen, aufzunehmen und abzumischen, ist meine Arbeit. Und die ist reichlich. :)
AI: Vor gar nicht so langer Zeit bin ich eher zufällig über Facebook auf dich aufmerksam geworden, wo du unter dem Namen Sula Bassana zu finden bist. In einer Biografie über dich heißt es: „Der Alias steht „für einen talentierten Musiker namens Dave Schmidt. Als Meister mehrerer Instrumente kann er viele Kollaborationen im Rückblick auf seine Musik zusammenstellen und aufführen.“ Bei Sula Bassana dachte ich zunächst an irgendwas Orientalisches. Wie kommst du auf diesen Namen?
DS: 2002 stand die Veröffentlichung meines ersten Solo Albums an, und das wollte ich nicht unter meinem bürgerlichen Namen, sondern unter einem Pseudonym veröffentlicht sehen. Als ich bei einem Freund zu Besuch war, fiel mir ein großes Buch über Vögel in die Hände, und einer der ersten dort war der Baßtölpel. Da ich gerade Jahre lang hauptsächlich Bass spielte, in meinen Bands Liquid Visions und Zone Six, gefiel mir der Name. Vor allem sein Ornithologischer: Sula Bassana. So wurde er kurzentschlossen zu meinem 2. Namen. :)
AI: Dass du „ein Meister mehrerer Instrumente“ bist, kann man in vielen Videos auf YouTube bewundern und vor allem hören. Oft ist es bei Musikern so, dass es instrumentale Schwerpunkte gibt und sich der Rest auf „Es-geht-so-Talente“ beschränkt. Bei dir klingt es tatsächlich nach Multitalent. Wie bist du zu dieser Versiertheit gekommen? Und gibt es ein Instrument, dass dann schlussendlich doch die „erste Geige“ spielt?
DS: Naja, den Meister würde ich jetzt mal lieber weglassen. Es reicht gerade so zu all den Instrumenten. Aber eben ausreichend genug, um mit etwas technischer Hilfe (vor allem Effektgeräte wie Echo und Verzerrer) hörbare Ergebnisse zu erzielen. Mit Keyboards habe ich angefangen. Erste Orgel mit 10, die leider meinen Versuch den Klang zu verändern, spannender zu machen, nicht überlebte. Hahahahhaa. Aber so mit 15 hatte ich dann 3 Teile, mit denen ich was anfangen konnte. Erste Projekte zusammen mit anderen Keyboardern dann so mit 15/16 rum. Die Begeisterung, neue Klänge zu schaffen hörte nie auf. Und später, als ich Bass in Bands spielte, war ich oft der Erste im Probenraum, also begann ich etwas Schlagzeug zu spielen. Bass und Gitarre liegen nah beieinander, also kamen auch Gitarren in meine Sammlung. Und so ging das halt weiter, mit Klangschalen, Maultrommeln, Blasinstrumenten und weiteren Keyboards und Drummachines. Ich liebe alle meine Instrumente und kann einfach kein Hauptinstrument benennen. Am häufigsten spiel ich grad Schlagzeug, damit ich neben der Schreibtischarbeit etwas körperliche Betätigung hab. Und weil es einfach Spaß macht.
AI: Über der Musik, die du machst bzw. bei der du beteiligt bist, schwebt stets der Nimbus des psychedelischen Sounds. Verbessere mich, wenn du es anders bezeichnen würdest. Damit wird im Grunde schon deutlich, dass es sich nicht nur um psychedelic rock handelt, sondern auch um elektronische Musik, die also (z.T. ausschließlich) mit elektronischen Klangerzeugern eingespielt wurde. Wie bist du zu dieser Art von Musik gekommen, die ja deinen musikalischen Werdegang bestimmt?
DS: Als Kind habe ich im Radio mal Musik von Jean-Michel Jarre, Kraftwerk, Vangelis, Tangerine Dream und Kitaro gehört. Die hatte mir unheimlich gut gefallen. Mit der Hilfe eines Klassenkameraden erkundete ich die Schallplattenabteilung im nächsten Kaufhaus und nutzte die Chance, mit Kopfhörern in LPs zu hören, oder besser, ganze Alben durchzuhören. Später, so mit 14 kam ein guter Plattenspieler nebst Anlage und so ging das dann auch langsam mit Platten kaufen los. Tangerine Dream, Gandalf, Kitaro, Klaus Schulze… alles sehr kosmisch. :)
Etwa mit Anfang 20 dann auf sixties psychedelic gekommen, und auch darin viel gesammelt. Mir gefällt also verspulte Muik. Das hat sich dann auch in den Jahren weiter ausgebreitet, mit den ganzen Krautrock-Alben (Can, Amon Düül 2, Gila, Virus, etc.), Ambient, Dub und archaische Weltmusik. Also Obertongesänge, Sitarmusik, Mautrommeln, und auch Fusionen verschiedener Stile. Kultalben für mich sind da z.B. Personal Forest der polnischen Band Atman. Fly, Fly My Sadness von The Bulgarian Voices Angelite Feat. Huun-Huur-Tu. Mich interessiert viel.
AI: Psychedelische Musik ist somit auch eine Art Kunstform und nicht nur ein bestimmter Stil. Zunächst ganz allgemein: Was verstehst du persönlich unter psychedelischer Musik? Lässt sie sich über bestimmte Stilmerkmale beschreiben?
DS: Ich bezeichne das als Musik, die mein Bewusstsein öffnet, und mich anregt in andere Welten einzutauchen. Ein Merkmal ist sicherlich die Trance, die entstehen kann, also eher monotone, repitative oder auf einer Tonlage spielende Musik. Aber auch die irren, unberechenbaren sixties songs, die das alles eben gerade nicht sind, beamen mich auch weg. Schwer zu beschreiben. Die Musik sollte auf ihre Art trippig sein. ;)
AI: Recherchiert man zum Thema psychedelic music so landet man über kurz oder lang in einem Begriffswirrwarr. An einem Plattenstand auf einem Festival hörte ich zu, wie sich ein paar Freaks stritten, ob der Sound eher dem Space-oder Acid-Rock zuzuordnen sei. Und dann gibt’s da noch den Kraut- und Stoner-Rock. Ist der psychedelic rock nun ein Überbegriff oder eine eigene Spielart? Blickst du noch durch?
DS: Ja, ich blicke da durch. Hahaha. Vermutlich, weil ich mich aktiv damit seit Jahrzehnten beschäftige. Ein Versuch des Erklärens: Kraut bezieht sich auf die deutschen Bands der frühen 70er. Heute zumeist an den (übrigens eher selten gespielten) motorischen Drumbeats orientiert, die ich nur von Can und Neu! kenne. Und am Experimentellen, auch gerne technisch unterstützt, durch Synthesizer und Orgeln. Space(rock) beschreibt sich ja selbst. Also textlich und/oder musikalisch im Weltraum bedienend. Acidrock ist für mich der unkontrolliert wilde Rock, der auf LSD (Acid) entsteht. Kann quasi genauso alles sein, wie Stoner, was ja von stoned kommen mag. Ist meist aber sehr harter Rock, inspiriert vor allem von Black Sabbath. Und Black Sabbath. Vielleicht noch von Black Sabbath. Hahaha, also viele verschiedene Einflüsse, nicht! Psychedelisch bedeutet ja das Bewusstsein beeinflussend (von Psyche und delos). Das schafft Stonerrock bei mir eigentlich nie. :)
AI: In den eher spärlich gesäten Quellen zu diesem Thema stößt man alsbald auf Pink Floyd, die vor allem in ihrer Frühphase als Pioniere des Psychedelischen Rocks gesehen werden. Ich zitiere mal ein paar nette Zitate aus einem älteren Rocklexikon (1), die Floyds Sound beschreiben: „galaktisch schillernde Klangteppiche“, oder „großflächige, berauschende Klangreisen in hypnotischer Banalität“. Welche Band und welchen Song würdest du neugierigen Lesern empfehlen, die dieses Genre unmissverständlich und damit beispielhaft präsentieren?
DS: Hahaahaa, darf ich 100 nennen? Also, hier geht’s nur um die klassische Phase der späten Sechziger bis frühe Siebziger, ja? Dann Pink Floyd definitiv (von den frühen Alben bis hin zur Animals für meinen Geschmack). Die erste Spacerockband Hawkwind find ich auch mega psychedelisch! Oder Waren Pink Floyd auch spacerock (songs wie Astronomy Domine oder Interstellar Overdrive)? Dann waren sie wohl die ersten. :)
Womit man nichts falsch machen kann, um klassische psychedelische Rockmusik zu erforschen, sind Alben der Bands Gong (You ist ein schönes spacig psychedelisches Album), Hawkwind natürlich (bis 1975 mindestens), Ultimate Spinach, Arzachel, die frühen Iron Butterfly, natürlich weitere US-Amerikanische bands wie Grateful Dead, Jefferson Airplane, Quicksilver Messenger Service, Love, C.A. Quintett, oder Kanadier wie The Collectors etc. Ich habe jetzt bestimmt viele wichtige vergessen. :) Aber wer kann schon so ein weites Feld aus dem Stehgreif komplett wiedergeben?
AI: Im Westdeutschen Rundfunk gab es ab 1983 die Sendung „Rock In“ und ab 1984 die Sendung „Schwingungen“ für elektronische Musik, die jeweils von Winfried Trenkler moderiert wurden. Ein Muss für Fans der Rock- und elektronischen Musik. Ich hörte beides gerne. Vor allem Rock-In war immer auch sehr psychedelisch orientiert. Ich saß als junger Mann viel davor und habe Mitschnitte mit dem Tonband gemacht, immer in der Hoffnung, der Moderator quatscht nicht in die Musik. Mit dieser Musik verbindet man zunächst etwas zeitlich Zurückliegendes; vielleicht sogar eine abgeschlossene Musiker. Spätestens als ich vor ein paar Jahren auf Festivals in Finkenbach war, auch als Woodstock im Odenwald bezeichnet, wurde mir klar: Das stimmt nicht. Psychedelische Musik ist nicht tot, sie ist nur nicht mehr im Bewusstsein des Mainstreams. Würdest du sagen, sie war nie wirklich weg?
DS: Genau, sie war sicher nie wirklich weg. Hat zumindest im Underground weitergelebt. Und sie ist ständig zu Neuem mutiert. Was ich auch sehr spannend finde. Schwingungen und Rock In konnte ich in Westberlin leider nicht hören, da gabs andere Sendungen (Steckdose, Musik Tendenz Progressiv…), aber Winfried Trenkler habe ich beim Schwingungen Jubiläumstreffen (muss so um 1990 rum gewesen sein) getroffen, wo quasi die gesamte deutsche Elektronikmusikszene aufschlug. War ein spannendes Wochenende!
AI: Der Sänger und Gitarrist der Band „Vibravoid“ Christian Koch meinte mal in einem Interview der Zeitschrift eclipsed: „Das, was sich heute alles psychedelic nennt, ist meistens billiger, uninspirierter Hardrock, Stoner oder Heavy Metal. (2)“ Klingt reichlich dekadent. Wie siehst Du die aktuelle Entwicklung des psychedelic rock?
DS: Naja, da muss ich ihm schon Recht geben, denn ein Großteil der Stonerrock-Bands bezeichnet ihre Musik als psychedelic, und das hör ich da gaaaaanz selten nur raus. Das ist zumeist wirklich eher 70er inspirierter Hardrock. Ein Fuzz Pedal und ein Wah Wah Pedal reichen halt nicht aus, um automatisch psychedelische Musik zu machen. Aber es gibt natürlich auch die wirklich psychedelischen Bands. :) Ich hatte das nur auf Stonerrock bezogen. Aber um richtig psychedelische Bands zu finden muss man schon vieles aussieben.
AI: Als meine Frau und ich vor gar nicht so langer Zeit zum ersten Finkenbach-Festival fuhren, erwarteten wir dort vor allem alte Zottels, vielleicht sogar Ewiggestrige, die sich aus den Sphären dieser Musik nie herausbewegt haben. Doch Fehlanzeige: Wir trafen dort auf mindestens genauso viele sehr junge Leute, die zu den alten Krautrockern oder Bands wie Electric Orange oder Vibravoid ekstatisch tanzten. Wie siehst du die Szene vor allem im psychedelischen Rockbereich? Wie schauts aus mit dem Nachwuchs?
DS: Naja, Electric Orange, Vibravoid und meine alten Bands sind ja auch schon die 2. Generation Krautrock. Wir sind ja erst zur Welt gekommen, als Tangerine Dream ihre erste Single veröffentlichten. Der alte Krautrock wird dort eher von Guru Guru, Kraan, oder Ax Genrich aufrechterhalten. Neue Bands wachsen natürlich immer nach.
AI: Um noch einmal auf Pink Floyd zurückzukommen: Die Musikzeitschrift Sounds (zitiert in 1) beschrieb ihre Musik als „anspruchsvolle Musik, ohne Versprechungen, ohne Kompromisse…“ Eine solche Beschreibung scheint mir den psychedelischen Rock allgemein gut zu definieren. Denn im Gegensatz zum Mainstream gibt es offenbar keine Berührungsängste zu anderen Bereichen, die in den Sound des psychedelic rocks einfließen. In einer mir nicht mehr bekannten Quelle war von musikalischem Eklektizismus die Rede. Vielleicht könnte man sagen: Ein everything-goes, übrigens auch was den Einsatz von z.T. exotischen Instrumenten anbetrifft. Woraus speist du deine eigene Musik und hast du für dich selbst musikalische Grenzen gesetzt?
DS: Ja, Exoten werden gerne eingesetzt. :) Grenzen will ich mir nicht setzen. Das ist extrem kontraproduktiv.
AI: Tatsächlich stammt der Ausdruck psychedelisch ja von dem durch halluzinogene Drogen beeinflussten Bewusstseinszustand. Vor allem zu Beginn gab es eine Menge Experimente unter LSD-Einfluss. Ich zitiere mal ein paar Titel namhafter Bands, die reichlich abgedreht klingen: „Electric Music for the Mind and Body“, „Surrealistic Pillow“, „The Psychedelic Sounds of The 13th Floor Elevators“ oder „The Piper At The Gates Of Dawn“. Entgegen mancher Meinung werden weder beim Komponieren, noch bei der Aufnahme der Musik unentwegt Drogen konsumiert. Doch man fragt sich doch: Woher stammt die geballte Ladung an Phantasie? Frage an dich – Dave: Welche Muse küsst dich beim Komponieren? Welche Bilder hast du vor Augen, wenn du einen Song komponierst, aber auch spielst? Ich meine, deine Titel sind ja auch nicht von schlechten Eltern: „The Ape Regards His Tail“ oder „Kosmokrator“!
DS: Der Titel „The Ape Regards His Tai““ wurde durch den gleichnamigen Film, für den die Musik ist, vorgegeben. Übrigens ein Songtitel der band DEVO, den der Filmemacher hergenommen hat. Hahahhaa. Kosmokrator hab ich auch nur geklaut, aus einem alten DDR Sci Fi Film (Der schweigende Stern), in dem das Raumschiff so hieß. Ach, meine Stücke entstehen unter den unterschiedlichsten Einflüssen, Gefühlen, Erlebnissen, Stimmungen. Manchmal einfach nur aus Spaß, oder beim Ausprobieren eines neuen Geräts/Instruments.
AI: Als ich bei einem Festival, auf dem vor allem psychedelische Musik gespielt wurde, erwähnte, dass ich gerne Schwermetall höre, erntete ich beißende Kritik: Metal war hier absolut verpönt. Ich kam mir vor wie bei einem radikalen Fußballfanclub. Dabei sind im wahren Leben die Verbindungen fließend. Die psychedelische Musik hat von Beginn an immer auch andere Richtungen inspiriert. So gibt es eine ganze Reihe von Metalbands z.B. beim sogenannten progressive metal, aber auch Technoprojekte (Ambient, Goa…), die auf diese Richtung zurückgreifen. Wie siehst du die Vernetzungen, Inspirationen, aber auch Kooperationen mit anderen Stilrichtungen?
DS: Wie gesagt, ich bin für alles offen, solange es mich irgendwie berührt. Und wenn es nur die raue Energie der Stooges, Zen Guerilla, Dead Kennedys oder Miracle Workers ist. Wobei die ja nix verbinden, hahahha. Ich schweife ab… Mit Metal und Goametal, oder Gothicmetal kann ich nix anfangen, das ist mir entweder zu technisch/clean, oder zu bombastisch/kitschig.
AI: Manchmal wirkt Rockmusik absolut plump, eine Art „Haudrauf-Sound“ mit nichtssagenden Texten, in den es schwerpunktmäßig ums „Frauen-Flachlegen“ geht. Auf der anderen Seite findet man auch zahlreiche Bands, die politische oder gesellschaftskritische Aussagen gegen soziale Repression in ihren Songs verarbeiten. Zu Beginn der psychedelischen Szene standen vor allem Themen im Fokus, die sich mit Bewusstseinserweiterung, fernöstliche Religionen, aber auch dem Bereisen von Traumwelten oder der „…tiefen Auseinandersetzung des Individuums mit sich selbst und der Welt. (3)“ befassen. Hat sich diese Thematik geändert? Welche Themen fließen in deine Texte ein?
DS: Oh, Texte, gibt’s extrem selten bei mir und drehen sich wohl meist um irgendwas. :D
AI: Ein Merkmal vieler psychedelischer Stücke ist die Spielzeit. Da sind auch mal 15 oder 20 Minuten keine Seltenheit. Vielfach ist diese Länge einfach auch notwendig, da man in 3.55 Minuten schlecht in die Sphären der Musik eintauchen kann. Aber ist das noch kompatibel mit den Hörgewohnheiten der heutigen Zeit, wo die Leute so grade eben einen Radiosong aushalten bevor sie ungeduldig werden? Wie denkst du über zeitliche Längen von Stücken? Geht Psychedelisches überhaupt in 3:55?
DS: Also erstmal: Ja, es geht auch in 3:30er Format. Aber dann eigentlich nur die spätsechziger Musik. Die haben es geschafft alles in wenigen Minuten unterzubringen. Ich schaff das nicht, hahahhaa. Hör Dir Old Man von The Collectors an, alles drin in gerade mal 2 Minuten 40 Sekunden. Oder The Clown von July. Oder oder oder…. :)
Aber Hörgewohnheiten interessieren mich nicht, wenn ich Musik aufnehme/mache. Die entsteht, wie sie entsteht. Mal wird ein Stück 3 Minuten kurz, oder 20 Minuten lang. Das weiß ich manchmal vorher nicht.
AI: Wie bereits erwähnt, betreibst du auch ein eigenes Label namens sulatron records oder wie du es auch betitelst: Das Zuhause der psychedelischen Musik (www.sulatron.com). Du vertreibst sowohl CDs, als auch Vinyl. Ich muss sagen, dass mich „Platten“ kaum verwundern, da viele auf dieses Medium schwören. Aber wie ist es um CDs bestellt: Ist das noch ein Musikträger, der viel genutzt wird? Viele Jugendliche, die ich kennen, haben gar keinen Player mehr.
DS: Ja, leider stirbt die CD langsam ab. Find ich schade, ich mag das Medium auch. Nicht NUR das Vinyl.
AI: Eine letzte Frage: Woran arbeitest du gerade? Gibt es bestimmte Projekte, mit denen wir dich künftig erleben können? Wie erlebst du das pandemiebedingte Konzert-Lockdown?
DS: Durch den Lockdown hat sich bei mir nichts beruhigt, außer das mit dem live spielen. Wollte eh ne Pause einlegen, kann nicht mehr, und ich bin auch noch umgezogen, das war mehr als genug. Und doch gebe ich Vollgas. :) Gerade geht ein Album ins Presswerk, welches ich zwischen Ende März und Ende Dezember letztes Jahr aufgenommen hab. Das ist hier komplett in meinem Schlafzimmer aufgenommen. Weil ich grad vorher erst umgezogen war, stehen meine Keyboards und n Gitarrenverstärker in dem einen renovierten Raum, hahahha. Ist also eher experimentell elektronisch. Ansonsten ist natürlich vieles am Gedeihen. Es wird neues und nicht so neues aber bislang Unveröffentlichtes von Electric Moon geben. Dazu n Haufen neuer Veröffentlichungen auf meinem Label, z.B. das Debütalbum einer coolen italienischen Band namens a/lpaca. Und das neue Album des portugiesischen Projekts Saturnia. Ein magisches trancig-spaciges Album der estnischen band Estrada Orchestra. Das 2. Album der süddeutschen Elara Sunstreak Band. Die Debüt LP (von 1995) der kalifornischen Spacerocker Farflung werd ich auch noch rausbringen, die gabs noch nie auf Vinyl, und ist ein altes Kultalbum! Ich hoffe, dass wir mit Electric Moon aufnahmen machen. Und vermutlich schaffen wir es nach vielen Jahren hoffentlich dieses Jahr mit Interkosmos wieder für Aufnahmen zusammenzukommen. Ich arbeite außerdem grad an 2 Soloalben, und nächstes Jahr gibt’s 2 Jubiläen, die nicht ungenutzt bleiben sollen (20 Jahre mein Solodebütalbum Dreamer, und der 25. Geburtstag meiner Band Zone Six).
AI: Ich danke dir für deine Zeit und ich hoffe, wir treffen uns irgendwann mal zum Bier auf dem nächsten Festival.
Links zu Dave Schmidt
http://www.facebook.com/Sulatron.Records
http://www.soundcloud.com/sulatron
http://www.facebook.com/sulabassana
http://www.sulabassana.bandcamp.com
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www.electric-moon.bandcamp.com
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www.twilightnetwork.bandcamp.com
http://www.dasaltehaus.bandcamp.com
Quellen:
(1) Christian Graf: Rock Musik Lexikon