Bunte Tage in Mecklenburg-Vorpommern
Der Schweriner See und Schwerin

Ein Reisebericht über unseren Kurzurlaub in der „Stadt der sieben Seen“ in Mecklenburg-Vorpommern. Auf der Suche nach kulturellen Blüten und politischen Unkraut in der Landeshauptstadt Schwerin.

Schweriner See (Foto Marion Illhardt)
Schweriner See (Foto Marion Illhardt)

Meine Freude auf unseren Kurzurlaub in Schwerin, der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, wurde durch die Landtagswahl und das abstruse, da sehr rechtslastige Ergebnis sehr getrübt. Doch nun muss man mit diesem Ergebnis leben und kann den Bewohnern von Mecklenburg-Vorpommern und Schwerin nicht in den Kopf schauen. Unsere Idee, aus diesem Aufenthalt eine Aktion zu machen: „Guten Tag, haben Sie die AfD gewählt?“ und mit dem angesprochenen Wähler nach seiner positiven Antwort ein Selfie zu schießen, ließen wir recht schnell fallen! Diese Posse erschien uns doch zu bitter. Und es kam doch glücklicherweise anders.

Der Schweriner See liegt eingebettet in einer leicht hügeligen Landschaft. Unterteilt in mehrere kleine Seen ist er trotz seiner stattlichen Größe nur das zweitgrößte norddeutsche Gewässer nach der Müritz. Von der Autobahn A 20 abfahrend nähert man sich dem See von der nördlichen Spitze, der erste Berührungspunkt ist Lübstorf. Hier ist Meck-Pomm nicht flach, die Landschaft ist wie bereits oben erwähnt leicht wellig, jedoch durchweg landwirtschaftlich genutzt. Wir fuhren durch kleine unbewohnt und seelenlos wirkende Dörfer, unser Auge fand hier wahrhaftig keinen Hingucker!

Der Campingplatz, den wir uns als vorübergehendes Zuhause ausgesucht hatten, wir waren wie immer mit unserem Wohnmobil unterwegs, liegt unmittelbar am Ufer des Schweriner Sees im kleinen Ort Seehof. Ein rundum netter Campingplatz, mit vielen aktiven Möglichkeiten für Groß und Klein, wie z.B. segeln, töpfern, Radfahren und für die Kleinsten einen Streichelzoo und ein Spielplatz direkt am makellosen weißen Sandstrand.

Marktplatz Schwerin (Foto Arnold Illhardt)
Marktplatz Schwerin (Foto Arnold Illhardt)

Für Touristen, die gerne auch mal das Auto stehen lassen und mit dem Rad verschiedene Touren unternehmen wollen, gibt es nördlich des Campingplatzes in Lübstorf einen Fahrradverleih. Leider führt der offizielle, als leicht eingestufte Radweg nicht grundsätzlich am See entlang, doch ist es möglich, ihn an einem Tag zu umrunden. Von Schwerin über Seehof, Bad Kleinen, Leezen und wieder nach Schwerin zurück sind es 61 km. Wir haben nur eine kleine Fahrradtour bis Bad Kleinen unternommen.

Gartencafe Schloss Wiligrad (Foto Arnold Illhardt)
Gartencafe Schloss Wiligrad (Foto Arnold Illhardt)

Sehr geeignet für eine kulturelle Pause ist das Schloss Wiligrad in Lübstorf. Das großartige im Jahr 1898 fertiggestellte Schloss des Herzogs von Mecklenburg liegt am Steilufer des Sees. Im herzoglich mecklenburgischen Johann-Albrecht-Terrakotta-Stil ist dieser Palast komplett asymmetrisch gebaut. Diese bauliche Besonderheit, die Giebel und Fenster mit Terrakotta-Elementen zu schmücken, findet man nur hier in dieser Region. Die komplette Schlossanlage besteht aus mehreren Gebäuden, von denen offensichtlich eines als Jugendherberge oder Gästehaus genutzt, und ein anderes Nebengebäude als Wohnraum vermietet wird. In den ehemaligen Gewächshäusern befindet sich ein entzückendes Cafe mit mindestens zwanzig selbstgebackenen, absolut lecker aussehenden Torten zur Auswahl. Besuchen Sie auch unbedingt den gut sortierten Hofladen auf der rückwärtigen Seite. Hier bekommt man fast alles, was im Garten des Schlosses geerntet wird, dazu auch die dazugehörigen Produkte wie Tees, Suppen, Marmeladen und Kräutermischungen. Selbstverständlich wird man auch wunderbar und sehr ausführlich beraten.

Straße Schweriner Schelfstadt (Foto Arnold Illhardt)
Straße Schweriner Schelfstadt (Foto Arnold Illhardt)

Schwerin hat, abgesehen vom prächtigen Schweriner Schloss, einiges zu bieten. Da ist zum einen der Pfaffenteich, der im Stadtteil Schelfstadt liegt. Rund um diesen See liegen elegante, renovierte Häuser im klassizistischen Stil. Man kann in bequem zu Fuß umrunden, doch es verkehrt auch die kleine „Petermännchen“-Fähre, benannt nach dem Schweriner Schlossgeist. Auch der Stadtteil Schelfstadt selbst ist sehr reizvoll, er liegt etwas abseits der quirligen Altstadt, nördlich des Doms. Es ist ein ruhiges beschauliches Viertel, durchzogen von schmalen kopfsteingepflasterten Straßen und einem lockeren Mix aus verschiedenen Baustilen.

Schloss Schwerin und Orangerie (Foto Arnold Illhardt)
Schloss Schwerin und Orangerie (Foto Arnold Illhardt)

Das Schweriner Schloss ist Sitz der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, es ist daher nicht komplett zu besichtigen. Das zart gelb gehaltene Schloss mit seinen unzähligen Türmen und Türmchen gehört zu den romantischsten Schöpfungen des Historismus. Auch hier findet man die wunderschönen Terrakotta-Verzierungen, die wir schon am Schloss Wiligrad gesehen haben. Eingebettet in der herrlichen Seenlandschaft umgeben von einem weitläufigen Park leuchtet es uns an diesem sonnigen Tag entgegen. Für mich gehörte die Orangerie auf der westlich zum See gelegenen Seite zu der hübschesten dieser Art, die ich je gesehen habe.

Für denjenigen, der sich gerne die alten Meister der holländischen und flämischen Schule anschaut, ist die Galerie Alte & Neue Meister Schwerin sicherlich sehr sehenswert. Ab 2016 sind auch Werke der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst in einem neuen Anbau zu bewundern. Unter anderem sind hier Exponate von Lovis Corinth, Lyonel Feininger, Nam June Paik, Bernhard Heisig und Sigmar Polke zu bewundern.

Geschäft im Schweriner Hinterhof (Foto Marion Illhardt)
Geschäft im Schweriner Hinterhof (Foto Marion Illhardt)

Die eigentliche Altstadt ist überschaubar, die „Schweriner Höfe“ (eine ähnliche Anlage gibt es auch in Berlin, ebenfalls sehr empfehlenswert) mit ihren kreativen kleinen Shops sind sehr interessant und geschmackvoll gestaltet. Überhaupt gibt es in der Altstadt mit ihren feinen restaurierten Häusern einen sehr attraktiven Mix aus kleinen Läden der verschiedensten Genre und jeder Preisklasse.

Doch wir begegnen einer Stadt mit ganz anderen Augen. Wir schlendern am liebsten durch Straßenzüge, die nicht direkt von Touristen durchzogen werden, immer auf der Suche nach Kreativität und Andersartigkeit. Und im Fall von Schwerin auch mit einem politischen Auge. Ich muss gestehen, dass ich die Leute sehr direkt angeschaut, auch reinweg beobachtet habe. Natürlich kann man die politische Gesinnung einem Menschen nicht an der Nasenspitze ansehen, doch in Schwerin leben überaus alternative, schöpferische und durchaus auch sehr kritische Menschen. Auf vielen Laternenmasten, an Hauswänden und Plakaten wird offenbart, dass Nationalsozialisten nicht erwünscht sind.

Die Stadt Schwerin mit ihrem See hat uns sehr gut gefallen. Das einzige was hier braun war, waren die Felder vor der Stadt! Doch an den Wahlergebnissen kann man erkennen, dass, je weiter man in den Norden und Osten von Mecklenburg-Vorpommern kommt, die AfD mit ihrem braunen Gefolge stärker und stärker wird. Das Weltbild der Rechten ist sehr eindimensional, es wäre schade, wenn das Bunte und Andersartige in Schwerin verloren gehen würde.

Unbeschwertheit (Foto Arnold Illhardt)
Unbeschwertheit (Foto Arnold Illhardt)