Trump und die Fakten
Umso schlimmer für die Wirklichkeit?

Praktisch jeden Tag bringen die Medien neue Meldungen aus den USA und berichten, wen Trump nun gerade wieder beleidigt hat und welchen Milliardär er noch in sein Kabinett berufen will.  Der neue amerikanische Präsident liebt zudem „alternative Tatsachen“, er scheint auch damit kein Problem zu haben, dass sein Weltbild und seine Ideen für ein starkes Amerika mit der Realität so gut wie nichts zu tun haben und hält die Gewaltenteilung offenbar für einen Fehler der amerikanischen Verfassung.

„Umso schlimmer für die Tatsachen! Umso schlimmer für die Wirklichkeit!“ Ha!. Natürlich typische Sprüche  von Donald Trump, so werden die meisten wohl denken. Falsch! Hegel soll das gesagt haben, als er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sein  fantastisches Gedankensystem nicht mit der Wirklichkeit übereinstimme. (1)

Trumpismus (Foto-Collage Arnold Illhardt)
Trumpismus (Foto-Collage Arnold Illhardt)

Nun wird Trump wohl kaum erfreut sein, wenn man ihm unterstellen würde, Hegel gelesen zu haben, sicher würde er das als böswillige Verleumdung zurückweisen.  Man zweifelt an seiner Belesenheit, betrachtet man die Naivität, die er in seinen Regierungsgeschäften an den Tag legt. Und das erinnert unweigerlich an einen alten Witz, der umgemünzt auf den amerikanischen Präsidenten lauten müsste: Trumps Bibliothek wurde geklaut; das Buch ist weg.

Hört man sich die Reden Trumps an, so entsteht der Eindruck, er hält  sich für einen zweiten Moses, der sein Volk aus der Unterdrückung befreien und zu einer segensreichen Entfaltung seiner Fähigkeiten  zurückführen müsse – nur dass das feindliche „Volk“, das die eigenen Landsleute unterdrückt und gegängelt habe, eben nicht wie einst weiland die alten Ägypter, sondern eben die demokratische Partei und deren Präsident Obama gewesen sein sollen.

Trump ist zudem ja von sehr guten Ideengebern umgeben; so hat die Präsidentenberaterin Frau Kellyanne Elisabeth Conway schlichtweg gelogen, als sie von einem ‚Massaker‘ in Bowling Green, Kentucky, sprach. Dieses Massaker sei von Islamisten begangen worden, darum müsse man Islamisten von den USA fernhalten und eben Menschen aus islamischen Staaten die Einreise in die USA verweigern. Nachdem man Frau Conway darauf hingewiesen hatte, dass es ein derartiges Massaker in Bowling Green nie gegeben habe, bezeichnete sie ihre Aussage als ‚Versprecher‘. So also wird die politische Wirklichkeit in den USA kreativ ‚gestaltet‘. Man erinnert sich dabei sofort wieder an die lächerliche Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten und den Medien um die Anzahl der Zuschauer bei der Amtseinführung Donald Trumps; derartige ‚alternative Tatsachen‘ zu erfinden ist offenbar die systematische Vorgehensweise dieser neuen Regierung.

Nun lässt die Macht des Faktischen eben keinen großen Spielraum für Kreativität und Gestaltung zu, was in den Augen Trumps offenbar sehr schlimm ist, engt es ihn in seinen ‚Aktivitäten zum Wohle Amerikas‘ doch viel zu sehr ein. Doch  schon Ludwig Wittgenstein hat festgestellt „Die Tatsachen gehören alle nur zur Aufgabe, nicht zur Lösung.“ (2) Die Wirklichkeit sei aber nie fertig und die Tatsachen seien nicht abgeschlossen, morgen könnte schon alles anders sein. So könnte das, was wir heute noch für Tatsachen halten, morgen nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen.

Diese Erkenntnis  führt bei Trump offenbar zu der Haltung „Was kümmern mich die böswilligen Kritiker, ich habe meine schöne selbst gemachte Welt in meinem Elfenbeinturm, der aus Eitelkeit, Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit errichtet worden ist und zu dem nur Leute Zutritt haben, die mir gegenüber absolut loyal sind und meine Anordnungen zu 100% umsetzen.“  Man erinnert sich  unwillkürlich  an Pipi Langstrumpf und ihr Lied: “[…] ich mach mir die Welt, widewidewid, wie sie mir gefällt. […] Hey, Pipi Langstrumpf, die macht, was ihr gefällt.“ (3) (Wer eine besondere Version des Liedes hören möchte, sollte sich Andrea Nahles auf Youtube anhören, die dieses Lied  am 03. September 2013 im Bundestag als Entgegnung auf die vorhergehende Rede der Bundeskanzlerin angestimmt hat. Wahrlich ein besonderer Genuss. Empfohlen sei die Version: Andrea Nahles und die Merkel-Sisters.)

Was sich der amerikanische Präsident diesbezüglich noch alles einfallen lassen wird, bleibt abzuwarten, täglich gibt es neue verblüffende  Nachrichten aus den USA. So scheint sich Trump im Moment mehr über die Kaufhauskette, die die Handtaschenkollektion, die seine Lieblingstochter mit ihrer Firma produziert, aus dem Sortiment herausgenommen hat, als über Nordkorea, das entgegen dem UN-Verbot erneut eine Mittelstreckenrakete getestet hat, aufzuregen. Seine Ankündigung, sich aus den Geschäften seiner Firmen und denen seiner Kinder herauszuhalten, entpuppt sich schon wenige Wochen nach der Amtseinführung als heiße Luft.  Warten wir also ab, wie es weitergeht.

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  1. „Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen – umso schlimmer für die Tatsachen.“ Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770 – 1831), deutscher Philosoph
  2. Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlungen, Frankfurt 1975,    6.4321
  3. Nach „Hej, Pippi Langstrumpf!“ – Das große Astrid-Lindgren-Liederbuch, Oetinger, 2007, S. 6 und 7