Die Ohnmacht der Bürger beruht sicher auf der Tatsache, dass die Politiker ihre sogenannte Vernunft aus der Raison der jeweiligen Partei beziehen. Es gibt keinen Plural von Vernunft, wohl verschiedene Parteiprogramme und noch mehr Bedürfnisse der Bürger. Wenn Politiker reiten dürften, wären sie nicht Pferdeflüsterer, sondern Parteienflüsterer. Warum das?
Die Revolverhelden, wie einst John Wayne und seine Mitspieler in seinen Wild-West-Filmen, wurden umgetauft in Friedrich Merz, Markus Söder und Lars Klingbeil. Die Drei aus dem Wilden Westen kämpften mit Revolvern für das, was sie für das Gute hielten. M.E. tun das Merz, Söder und Klingbeil auch, sie halten das für das Gute – nur nicht mit Revolvern. Das Wahlergebnis, sagte Söder, sei die „letzte Patrone der Demokratie“. Komisches Bild. Aber es ist eindeutig, dass man die drei für Revolverhelden halten kann. Übrigens: Der SPD-Generalsekretär Linnemann sagte kürzlich „einfach mal machen“. Im wilden Westen hätte das John Wayne und Co überzeugt.
Ist das nicht einfach Polit-Satire? Schon, aber es spricht vieles für solch eine Satire. Ich finde, dass in unserer Demo-kratie unsere 3 Regenten das Demo[s] (=Volk) ohne das Volk auskommen. Das erinnert stark an John Wayne und Kollegen, die im Blut haben, was gut ist. Unsere 3 Regenten ticken ähnlich, ihr Revolver ist voll von Patronen der Partei. Was ist eigentlich eine Partei? Ein Blick ins Grundgesetz:
Jetzt wird’s praktisch! Parteien und ihre Programme sollen dem Volk helfen, also sollen sie nicht über das Volk, also über die Bundesbürger bestimmen. Das Wahlergebnis führte zur Koalition, zurzeit zur schwarz-roten Koalition. Die Groko (besser KleKo = kleine Koalition) ist aktuell ein undemokratischer Betrug. Warum? Bei den Schwarzen, CDU und CSU, sollte man das „Christlich“ streichen (ist in deren Programm irgendetwas christlich?) und bei den Roten, SPD, das „Sozial“ (auch hier: Was ist daran sozial außer dem „nicht mit uns“?). Den Parteien und deren Grandseigneurs fehlt das Volk, deren Bedürfnisse kennt man nur ungefähr. Die sogenannte Groko wäre dann eine Art Kronrat. „Christlich“ und „Sozial“ ist Betrug. Parteienschwindel wird unterdrückt.
Der Redaktionsleiter und Politologe Korbinian Frenzel schrieb: „Je weniger es eindeutige politische Mehrheiten [d.h. Entscheidungen per Volksentscheid durch die Wahl] gibt (…), desto klarer ist, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir eine Debattenkultur etablieren“. Debattenkultur (zurzeit ein Plastikwort ohne Entsorgung) heisst: streiten + das Volk einbeziehen + Lösungen bzw. Kompromisse finden. Je seltener das gelingt, desto mehr geht Vertrauen verloren. Unsere Regierung ist auf dem besten Wege dahin. Die AfD rüstet auf, je mehr Unsinn unseren Revolverhelden aus Berlin machen. Einst versprach Merz, die Zahl der AfD-Wähler zu reduzieren. Die Rechnung wurde ohne die ernüchterten Menschen ausgestellt. Mut beginnt da, wo Zweifel aufhört.
Dazu ein Beispiel. Die Regierung besteht aus 2 Parteien, die nur von 82,5% der Deutschen (also 17,5% Nichtwähler) ausgezählt wurden. Diese 2 Parteien haben ein Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr plus 500 Milliarden für Infrastruktur und Verteidigung (Kasernen, Polizei etc.) beschlossen. Für die EU sind das zwar keine Schulden des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der sog. Blaue Brief der EU kommt nicht wie in Italien, Griechenland und Frankreich), aber Deutschlands Finanzen sind jedoch so hoch belastet, dass vor allem spätere Generationen diese Sondervermögen in ihr BIP einplanen müssen, auch wenn die Bürger sie nicht privat bezahlen müssen. Wurden die Bürger wenigstens befragt? M.E. nicht. Schon melden sich die Kommunen, dass die 500 Milliarden für Infrastruktur und Verteidigung bei ihnen nicht ankommen.
Eine Frage beunruhigt viele Bürger, ob wir nicht über unsere Verhältnisse leben. Ein offener Brief vom Präsidenten des Städtetags ging an die Regierung. Dazu später! Was sind die Ursachen?
„Die Bundesregierung muss jetzt gemeinsam mit den Ländern und Kommunen statt kleiner Stellschrauben die wirklich großen Räder drehen. Die kommunalen Haushalte kollabieren gerade.“
Und die Reaktion der Städte?

Die finanzielle Situation der Städte ist dramatisch schlecht. Im Jahr 2024 verzeichneten die Städte, Gemeinden und Landkreise offensichtlich ein Defizit von mehr als 13 Milliarden Euro. Auch für das Jahr 2025 und die folgenden Jahre werden trotz entschiedener Sparmaß-nahmen der Kommunen vergleichbare Defizite erwartet. In vielen Fällen müssen die Städte sinnvolle freiwillige Ausgaben streichen, weil sie gesetzlich zu Kostenstreichungen gezwungen sind.
Städte sind nahe dran an den Menschen, weil sie darin wohnen, aber sie sind auch in den Städten nur Wahlvolk. Bürger in den Städten haben oft den anderen Bürgermeisterkandidaten gewählt, selbst engagierte Städter haben vielleicht sogar nicht gewählt. Also was ist des Volkes Stimme, wie es so schön heißt? Gibt es eine Demokratie ohne die sog. Volkssouveränität? Sicher nicht. Diskutiert werden die parlamentarische (Wahl der Parteien, z.B. wie in Deutschland) und die direkte Demokratie (z.B. per Volksentscheid wie in der Schweiz). Ich bin für eine direkte Demokratie, aber nicht direkt per Entscheid (schon wieder ein Quotenproblem), sondern per Befragung. Wenn es dazu käme, würde die Umstrukturierung des deutschen Parlaments dauern.
Also bleiben wir zunächst bei der parlamentarischen Demokratie. Aber wie wird das Volk beteiligt? Indem seine Meinungen wahrgenommen (und diskutiert) werden. Wahlen allein schaffen das nicht. Kummer machen die schlechte Wahlbeteiligung in einigen Fällen und die Arroganz der Parteien, die nicht das Volk vertreten, nur die eigene Meinung. Was das Volk sich fragt, sind:
- Welche Sparmaßnahmen haben Priorität?
- Welche sozialen Maßnahmen sind unbedingt wichtig?
- Welche Institutionen (Kitas etc.) brauchen einkommensschwache junge Eltern?
- Wie können wir die Sicherheit in Stadt und Land stärken?
- Wie kann man die Wirtschaft verbessern?
- Wie kann man das Drama der Krankenkassen auffangen?
- Was kann man gegen die Klimakrise tun?
- Gibt es unverzichtbare Aufgaben des Staates?
Volksentscheide sind für solche komplexe Themen keine guten Lösungen, vor allem deswegen nicht, weil viele von diesem oder jenem Thema kaum etwas verstehen. Etwa ich könnte niemals über finanzielle Probleme debattieren. Hinzu kommt, dass die Ministerien 1. nicht wissen, was das Volk denkt und 2. die Ministerien sich an dem orientieren, was die Partei denkt.
Nehmen wir als Beispiel die 1. Frage (Welche Sparmaßnahmen haben Priorität?). Nicht Quoten kommen damit zustande. Argumente werden geliefert. Gehen wir zu den anderen Fragen über. Wichtig sind die Kontakte mit den Bürgern, die über diese oder eines der anderen oben genannten Fragen diskutieren wollen. Bürgerräte wären ein Beispiel, es könnten auch freie Themen-gruppen sein, die ihr Diskussionsergebnis an Bürgermeister oder Landräte weiterleiten. Dazu brauchen wir natürlich Organisationsstrukturen, aber vor allem die viel beschworen Debattenkultur. Das wäre wie gesagt Verständnis von Diskussion und Volksbeteiligung.
Natürlich denken wir an die Bürgerbüros, die den Kontakt zum sog. Volk herstellen. Bürger wenden sich mit ihren Zweifeln und Bedenken an einen Abgeordneten ihrer Partei, vielleicht sind es auch Bürger, die nicht zu dieser Partei gehören. Gut! Aber es kommt nur eine Kommunikation in eine Richtung zustande Eine Debatte (als 2 Richtungen) findet nicht statt. Und welche Meinungen findet ihren Weg in die Regierung?
Kommen wir nochmals zurück auf das Anfangsbild und die drei Revolverhelden von Berlin. Sie verletzen die sogenannte Debattenkultur. Sind sie Vorbilder für das Volk? Oder sind sie keinen Deut besser als das Volk? Mit anderen Worten: Das Volk hat’s nicht besser verdient, so leid mir das tut. Wie auch immer: Findet das Volk einen Weg in die Regierung und kümmert sich die Regierung darum? Unsere Debattenkultur muss unbedingt verbessert werden.
Eine Befragung der jüngeren Wähler hatte, so in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung, ergab, dass die AfD bei manchen gewählt wird, weil das die einzige Partei ist, die noch nie an der Regierung beteiligt war. Mit anderen Worten: Das ist die einzige Partei, die noch keinen Unsinn gemacht und die Wähler enttäuscht hat. Das spricht Bände. Natürlich würde die AfD die Volkssouveränität kaputt machen, wenn sie ans Ruder käme. Aber noch sind die anderen am Ruder und enttäuschen das Volk.
Übrigens: Heute am 1.10. 2025 hörte ich in den Nachrichten, dass die Regierung mehr von den Bürgern informiert werden soll. Ich habe Bedenken, ob und wie der Regierung das gelingt. Immerhin, die Ampel (3 Parteien) hatte 15 Ministerien, die GroKo hat noch ein Ministerium mehr. Typisch: mehr Arbeit auf Kosten des Volkes, weniger Kommunikation. Aber bekanntlich „stirbt die Hoffnung zuletzt“. Oder „einfach mal machen“, wie Linnemann sagte.
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Ich danke meinem Neffen (Informatiker) für das KI-Bild und meinem Schwager für das Bild von der Kettensäge.