CALVINISMUS … Ich dachte, ich bräuchte mal wieder ein gutes T-Shirt. Nicht so einen Schlabberlappen, der nach 2x Waschen aussieht wie die Breitfock bei einem Dreimaster nach einem Sturmschaden. Einfach sollte es sein, denn Männer haben´s ja gerne schlicht, was man gerne auch im verallgemeinerten Sinne sehen darf. Also ging ich guter Dinge in den Klamottenladen meines Vertrauens, um ein solches Stückchen Stoff zu erwerben. Naja, vielleicht auch gleich zwei – besser isses. Es dauerte auch nicht lange, da bot mir eine nette Verkäuferin mit ihrem feinsten Verkäuferinnenlächeln ihre Dienste an.
„Ich hätte gerne ein T-Shirt“, äußerte ich mein Begehren. „Lieber was Buntes oder soll es eher schlicht sein?“ fragte sie fachfräulich nach. „Bloß nix Buntes“, antwortete ich, „vielleicht blau oder grün“. Typisch Mann, dachte sie vermutlich, einfallsreich wie der Hosenlatz von Berlusconi. Also der Hosenlatz vom ehemals lebendigen Berlusconi! Seitdem mir vor ein paar Jahren eine Praktikantin eingebläut hatte, dass man nicht mehr als drei Farben tragen sollte, vielleicht sogar eher nur zwei und diese gut abgestimmt, kriegte ich diese Botschaft nicht mehr aus dem Kopf. Keine Ahnung, welche Flatulenzerin – oder war es eine Influenzerin? – ihr das ins Hirn gesäuselt hat.
Die Verkäuferin zog ein blaues T-Shirt aus dem Regal, auf dem in großen Lettern CALVIN stand. Ich schaute abwechselnd entsetzt auf das Shirt und auf die Dame vor mir und sagte: „Arnold heiße ich“. Sie zog ein Gesicht als hätte ich soeben nach frottierten Hodenwärmern verlangt. „CALVIN hat nichts mit Vornamen zu tun, sondern ist eine auch bei Männern sehr beliebte Modemarke“. „Mag sein“, erwiderte ich, „doch warum soll ich mit einem CALVIN auf der Brust durch die Welt laufen, wenn ich doch Arnold heiße. Ich bin ja kein Werbeträger, außerdem müsste ja dann das T-Shirt umsonst sein“. Ich versuchte meine Replik vorsichtig und diplomatisch zu dosieren, vermutete aber, dass sich meine Sympathiewerte soeben im Untergeschoss bei den Sonderangeboten befanden. In diesem Moment kam eine Frau um die Ecke, die auf ihrem T-Shirt gleich dreimal CALVIN stehen hatte, jeweils in unterschiedlichen Farben. „Mein Gott“, brummte ich, „das ist ja der reinste Calvinismus hier“.
In der Zwischenzeit war die Verkäuferin mit einem neuen Exemplar in Schwarz zurückgekehrt. Sie breitete es gekonnt vor meinen kritischen Blicken aus. Es trug lediglich den weißen NIKE-Haken auf Brustwarzenhöhe. Hinter ihr hing eine kleiderschrankgroße Werbung von NIKE mit dem Slogan: Just do it. Jesses, dachte ich, was für ein hohles Getue. Zeig mir deinen Haken und ich sag dir, wer du bist! Ich dachte es, sagte es aber nicht, um die Interaktion nicht zu sehr auf die Zerreißprobe zu stellen. Stattdessen strich ich sanft über das Emblem, umkreiste es dann und sagte: „Ich glaube, ich nehme das. Meine Schwiegermutter ist Schneiderin und hat sicherlich eine gute Idee. Vielleicht kann sie es auch rausschneiden oder einen Aufnäher drüberbügeln. Bei EDEKA gibt es putzige Aufnäher mit Piraten oder Eisprinzessinnen“. Die Verkäuferin seufzte leise, vielleicht riss sie sich auch zusammen und stopfte das Shirt in eine Papiertüte, die ich eigentlich gar nicht verlangt habe. Aber ich dachte für mich: Halte jetzt einfach mal zur Abwechslung die Klappe … Relax … don´t do it!